Mercedes-Platz in Berlin
Uber essen Stadt auf
Der Mercedes-Platz in Berlin heißt bald anders, aber das macht es nicht besser.
Von David Hugendick
Aktualisiert am 25. Januar 2024, 9:34 Uhr
Wer in Berlin lebt, weiß, dass Partygespräche dort in der Regel klingen wie bei der Mieterberatung: Wo wohnst du, wie viel zahlst du und so weiter. Meist kommt das Gespräch bald auf die unansehnlicheren Gegenden, wovon es einige gibt, aber keine ist wie der Mercedes-Platz. Der liegt zwischen den sogenannten Trendvierteln Friedrichshain und Kreuzberg an der Spree, was in Maklerprosa ungefähr "zentrale Lage im quirligen Kiez" heißt.
Im Wesentlichen besteht dieser Ort aus grell beleuchteten Themenrestaurants (Mexiko, Japan, Bratwurstdeutschland) für laute Jugendliche oder miteinander versteinerte Paare. Es gibt eine Mehrzweckhalle namens Verti Music Hall und eine andere Mehrzweckhalle namens Mercedes-Benz-Arena, wo man vor allem Sportveranstaltungen angucken kann, ein Tempel für Schmerz- und Herzensdunst, all dieses katholische Zeug. Ringsherum sind Häuserblocks aus Glas und Stahl, wie speziell entworfen für dubiose Firmen mit clean desk und dirty money, vielleicht zwischendrin auch ein Zentrum für Blasengesundheit, wer weiß, so intensiv wollten wir dieses mit Unternehmensgeld zu Tode empowerte Stück Berlin bislang nicht erkunden.
Nun wurde bekannt, dass der Ort in der kommenden Woche umbenannt werden soll. Wir haben davon leider erst jetzt erfahren, sonst hätten wir selbst Änderungswünsche eingereicht, aus Flair- und Modernitätsgründen vielleicht Kim-Kardashian-Platz oder Ryan-Gosling-dreht-sich-im-Regen-um-Platz für etwas mehr knisternde Romantik in dieser kreuztraurigen Gegend. Oder: Marc-Augé-Platz, wo dann auf der angebrachten Erklärtafel am Straßenschild stünde: "franz. Soziologe, bekannt für seine Theorie des Nicht-Orts".
Allerdings kam uns der amerikanische Menschen- und Essenlieferdienst Uber zuvor, weshalb alles fürderhin seinen Namen trägt: Uber-Platz, Uber-Arena und Uber-Eats-Music-Hall, was zumindest ein vollständiger englischer Satz ist. Vielleicht hat es ja am Ende auch sein Gutes, und man kommt dort bald wenigstens schneller wieder weg.