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Hotti

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Re: Hotti

Beitragvon Hotti » 10.09.2024, 20:42

Hallo Klaus alias Lauffreak, der du ja wirklich bist!

Bei der Zeitrechnung hat es schon seit Ewigkeiten leichte Verschiebungen gegeben. Und du hast mit Akribie herausgefunden, dass inzwischen alle einhundert Jahre auch ein Schaltjahrtag wegfällt. Ich weiß nicht, wann es das letzte Mal war oder ob die Allgemeinheit das überhaupt mitbekommt. Wahrscheinlich wird das aber bestimmt Anlass zur Publikation in irgendeiner Form geben. Unabhängig davon wird sich am Weltverlauf daran nicht viel ändern, es sei denn, die Umwelt wird die selbstverschuldete Klimamisere weiterhin uneingeschränkt so weiterlaufen lassen wie bisher. Man muss kein Prophet sein, um dann das Böse kommen zu sehen, dann ist auch die genaueste Zeitrechnung nicht von Belang.

Danke für deinen Beitrag!

Horst
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Re: Hotti

Beitragvon Hotti » 13.09.2024, 16:15

Zeit für einen Ausflug oder gar mehr?

Großstädte gibt es in unserem Land zuhauf – glaubte ich. Dabei sind es nur 4 Megastädte, nämlich Berlin, Hamburg, München, Köln im Millionenbereich. Aber knapp dahinter liegen im sechsstelligen Bereich weitere 82 Besiedlungen, also noch immer Großstädte. Um auf die Summe von nunmehr 83,8 Millionen (2022) Einwohner der Bundesrepublik Deutschland zu kommen, bedarf es noch einer Vielzahl weiterer Stadtbewohner, die in ihren jeweiligen Städten zumindest bis zu 50 – 99.000 vertreten sind. Viele Leute, viele Steuerzahler, viele Probleme, überhaupt alles viel, in jeder Hinsicht. Und weil wir von Vielem zu viel haben, nämlich auch Sorgen, klappt es seit einiger Zeit kaum, jedermann und jedefrau auf die Bahn zu schicken, „die stets pünktlich ankommt“ und dann das Karussell der Lebenshaltungskosten so gedreht wird, dass das gemeine Volk wieder merkt, was Gemeinsinn bedeutet, nämlich dass sich Vor- und Nachteile gegenseitig die Hand geben und ein verträglicher Ausgleich stattfindet.

Was machen nun die Kleinstädter und Dörfler oder die, die hinterm Busche sitzen? Leben die auf der grünen Wiese womöglich besser als die Städter? Wer das meint, hat seinen Berliner Häuserblock im Kiez noch nie verlassen, um sich die wahren Lebensbedingungen auf dem Lande anzusehen.

Grüne Natur ist immer schön. Draußen (aus der Stadt) zu sein, bedeutet ebenda ein Stück persönliche Freiheit und was man gerade nicht hat, erklärt sich dann als besonders begehrenswert. Nun hat sich vor lauter Drang und Zwang ein Trend entwickelt, der noch ungebrochen ist. Die Flucht aus der Stadt raus aufs Land, frische Luft, gutes Wohnen und Preise dafür durchaus erschwinglich, sind ganz eindeutig ein Indiz dafür, ein besseres, ja, gesünderes Leben zu führen. Manche fügen noch das Attribut >Ruhe< dazu. Ist das alles so? Ja und nein, wieder die berühmten zwei Seiten, der oft hingehaltenen Verlockungsmedaillen, die sich so manche Landkreise aus den Rippen schneiden müssen, weil eben die vorhandenen Mittel nicht ausreichen.

Wie ist es mit der Infrastruktur bestellt, wird sich manch veränderungswillige Familie fragen. Wohnraum, klar, die Grundvoraussetzung, doch im Gleichzug Arbeit, Beschäftigung, Schulen, medizinische Versorgung, Kultur, Einkaufsmöglichkeiten, Mobilität und noch viel mehr, was unbedingt zum inhaltsreichen Leben gehört, all das muss stimmen. Gibt es keine spürbare Sozialität, dann sind alle Bemühungen, Leute aus der Großstadt ins Ländliche zu locken, vergebens. Sicher gibt es Orte, an denen vortreffliche Bedingungen vorhanden sind, aber irgendwie finden Veränderungswillige oft genug ein Haar in der Suppe und der Traum vom Häuschen im Grünen ist geplatzt wie eine Seifenblase. Einzig die Ansiedlung im Berliner Speckgürtel verzeichnet Zuwächse.

Meine Darstellung ist leider nicht repräsentativ, sondern beruht auf gelegentlichen Gesprächen mit Leuten, denen es schwerfällt, die städtische Wohnraumbelastung durch weiter steigende Mieten auch in Zukunft zu tragen. Dabei ist Berlin längst nicht Spitzenreiter bezüglich des Entgelts für Wohnraum, der immer knapper wird.

Sagt sich alles so schön, wenn man selbst im Trockenen sitzt. Stimmt ohne Wenn und Aber. Dennoch sind Gedanken, die einen bewegen, nicht erst seit Hoffmann von Fallersleben/Leopold Richter (1842), frei, sondern müssen geäußert werden. Und wer nicht unbedingt mit einer äußerst prekären Wohnraumsituation behaftet ist, sollte sich mein oben genanntes Stichwort >Ausflug< hin und wieder zu eigen machen und einen Ausflug ins äußerst empfehlenswerte Brandenburg in jeder Richtung und Jahreszeit zu unternehmen. Es gibt unendlich viel zu entdecken, es lohnt, sich im großen Bundesland rund um Berlin umzusehen. Und wen tatsächlich Abwanderungsgelüste bewegen oder Notwendigkeiten dazu bestehen, denen sei gesagt, Berlin ist nicht soweit weg, wie manche meinen. Alles greifbar, selbst von außerorts.

Geständnis: In letzter Zeit habe ich sträflicher Weise vergessen, dass ich mich in einem Sportforum befinde und mehr über Befindlichkeiten geschrieben habe, die vom Gedankengut her eher dem normalen Alltag zuzuordnen sind, als dem Sport. Stimmt schon, obwohl abweichende Infos auch gedankliche Türöffner sein sollen. Ein kleiner Schlenker ist jedoch für unser Metier meist immer dabei, so auch heute:

Stadtläufe können interessant sein, doch Schönheit und Duft der Natur, Erleben eines nicht allzu bekannten Gebietes und vor allem der Reiz des Unbekannten bringt Läufern und Läuferinnen nach der absolvierten Laufstrecke die Bestätigung, dass ihr Sport genau das richtige Gefühl bereithält, etwas nur für sich selbst getan zu haben. Mehr dazu erfahrt ihr, wenn euch die Schritte in die Uckermark, den Oderbruch, ins Havelland, in die Döberitzer Heide oder noch weiter wegführen. Dran denken: die Tage werden kürzer und ist erst der graue November auf dem Kalender sichtbar, dann ist es "draußen" nicht mehr ganz die Wonne - oder vielleicht gerade deshalb?

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Re: Hotti

Beitragvon Hotti » 13.09.2024, 16:49

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Wer nun meint, das Berliner Grün würde sowieso nicht ausreichen, diejenigen kann ich eines Besseren belehren. Alles auf in die Bäume, der Wald wird gefegt.

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Re: Hotti

Beitragvon Hotti » 24.09.2024, 13:11

Über 50.000

Nun ist es soweit, dass 50ste Mal wird der Berlin-Marathon durchgeführt. Unbestreitbar ein Jubiläum und Grund zum Feiern. Dieser Marathon hat wie alles, was inzwischen zur Historie geworden ist, seine eigene Geschichte. Wir haben einen unter uns, der viel eher berechtigt ist, darüber zu berichten, weil er von der ersten bis zur 36. Ausgabe ohne Unterbrechung dabei war. Bernd Hübner, von allen liebevoll Hübi genannt, ist ja nicht nur ein Ur-Gestein der Laufszene in Berlin, sondern viel, viel mehr auch ein Aufbereiter von Laufwettbewerben außerhalb des Marathongeschehens. Sein von ihm als sein „Wohnzimmer“ tituliertes Laufterrain am Großen Wannsee widmete er um zum schönsten Lauferlebnis in Berlin, dem Havellauf, an dem in Spitzenzeiten 800 Läuferinnen und Läufer 13,7 km entlang der Havel vom Flensburger Löwen bis zum Schloss Glienicke (kurz vor der legendären Brücke nach Potsdam) und zurück zum Löwen teilnahmen. Auch schon Geschichte, eine schöne zugleich und weiterführend, weil es jeweils Sonnabend früh 9°° Uhr noch immer an gleicher Stelle Hübis Lauftreff (ohne Wettkampf) gibt.

Dass er bisher, quasi lebenslang, dem Laufen treu geblieben ist, obwohl Marathon (104 x) heute für ihn keine Option mehr ist, steht außer Frage, denn er ist der Mann, der einen Lauftreff ins Leben gerufen hat, der alltäglich Mo – So Möglichkeiten anbietet, gemeinsam mit anderen zu laufen, und zwar ohne jegliche Verbindlichkeit, „wer kommt der kommt“, so ein Ausspruch von ihm. Und in der Tat, Laufen erfüllt hier nicht unbedingt die Normen trainingsbehafteter Vorbereitungen, sondern ist vielmehr ein Sammelpunkt in sozialintegrativer Hinsicht. Hier gibt es keine Hierarchien vereinsmäßiger Art, allein die Kommunikation untereinander regelt eigentlich alles. Dass aus dieser lockeren Atmosphäre auch Ambitionen entstehen, die aus dem Laufen mehr machen wollen, ergibt sich von selbst, denn wer sich fordert, möchte sich andernorts beweisen, ja, auch sich mit anderen messen und für sich persönlich Leistung erbringen. Und der höchste Anspruch ist sicherlich der, in der Königsdisziplin der Leichtathletik überhaupt, bei einem Marathon zu starten.

Wer sich dafür anmeldet, ist nicht ungeübt, wenngleich ein Nachweis der Lauffähigkeiten meist nicht nachgefragt wird. Anders ist es bei großen Anlässen, wo sich vergleichsweise eine ganze Stadteinwohnerzahl am Start einfindet. In Berlin, London, New York, Chicago und Tokio bestimmt, Boston eher nicht, zählt aber traditionell zu den ganz Großen, den Big Major. Da geht es um sehr viel mehr als nur um das Rennen allein. Wenn bei den vier Erstgenannten inzwischen die Schallmauer 50.000 Teilnehmer bereits übertroffen wird, ist diese Gigantomanie längst kritisch zu betrachten. Die ins Maßlose und Riesige gestiegenen Zahlen setzen in immer mehr dem Wahnsinn nähernden Maßstäben Zeichen, die allein den Sport nicht mehr im Fokus haben, sondern unser Bestes wollen: unser Geld. Abgesehen vom absoluten Spitzensport, bei dem es offensichtlich nur noch darum geht, wer als Erster und für die Ewigkeit bestimmt, die Zwei-Stunden-Grenze unterbietet. Die 2:00:35 vom 8.Oktober 2023 (Chicago) sind ja nur noch ein Hauch davon entfernt.

Der 23jährige kenianische Läufer Kelvin Kiptum schaffte diese schnelle Zeit und wahrscheinlich wäre er der erste Anwärter für >sub two< gewesen. Tragischerweise starb er am 11. Februar 2024 bei einem Autounfall. Seine Zeit sollte ewig so stehen bleiben und nicht weiter unterboten werden, dann bleibt seine Weltrekord-Geschichte erhalten und wird nicht durch ein künftiges, utopisches Marathonergebnis überdeckt.

Zurück zum Maßlosen: Fünfzigtausend Starter, was für ein Segen. Für den Veranstalter, für das Geschäft. All die genannten Marathon-Startorte kassieren Startgelder in zweistelliger Millionenhöhe. Und hier drängt sich nicht mehr die Frage auf, ob das bereits längst ein Geschäft geworden ist. Klare Feststellung: Ist es! Und nach der Maxime, mehr geht noch, werden die Startgelder in den genannten Geschäftsfeldern weiter in die Höhe steigen.

Nun steht der 50. Berlin-Marathon unmittelbar vor der Tür. Möge er - trotz allem - ein Fest werden. Übrigens: Kleinere Ausgaben von Marathon sind überall zu finden. Da geht es nur um Kostendeckung und für die Teilnehmer*innen abseits der Metropolen mit genauso viel Energie und Freude beim guten Ankommen. Das wünsche ich allen, egal wo!!

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Re: Hotti

Beitragvon Hotti » 30.09.2024, 21:09

Die Marathongeschäftsidee

Nun ist er vorbei, der fünfzigste Berlin-Marathon am 29.September 2024. Ein Gold-Jubiläum in jeder Hinsicht. Fünfzig Jahre, mehr als ein halbes Leben, hat aus sportlicher Sicht noch nie enttäuscht. Und wenn man sich die Entwicklung dieser jährlich einmaligen Veranstaltung einmal genauer ansieht, dann ist sehr schnell zu erkennen, dass es eine Vielzahl von glücklichen Umständen gab, die das Jubiläumsdatum 2024 überhaupt erst ermöglicht haben.

Darüber ist viel geschrieben und mindestens eben soviel in Medien reportiert worden. Und dennoch hören immer wieder alle gerne von der tatsächlichen Entwicklung des Berlin-Marathons aus dem Munde des Gründers, ja, Vater des Laufes, Horst Milde, mit vielen Nebengeschichten, die von chronologischen Abläufen her inzwischen bestimmt mit ganzen Episoden ergänzt wurden. Fast könnte gesagt werden, es ist ein Halbjahrhundertwerk und bei der hoffentlich noch länger andauernden Faszination des Laufes weltweit sowie fester Bestanteil der Leichtathletik, aber vor allem ein zum Platzhalter gewordenes Ereignis für Menschen aus aller Welt.

Mit den Millionenstädten New York, Chicago, Boston, London, Tokio, teilt sich Berlin den „Titel“ Major 6 Marathons. Kein Wunder, mit Ausnahme von Boston (24.000 Teilnehmer) sind die Zahlen der angemeldeten Läuferinnen und Läufer inzwischen auf bis knapp an 60.000 gestiegen. Eigentlich ein heller Wahnsinn. Allein für die Organisation eines solchen Laufes bedarf eine große Anzahl von Helfer*innen. Meist sind das ehrenamtlich Tätige. Die Anzahl der Profis, die sich um die inzwischen zum Geschäftsmodell gewordenen Veranstaltungen kümmern, dürfte beträchtlich sein. Von Berlin hieß es, dass sich ganzjährig 93 Mitarbeiter als Arbeitnehmer bezeichnen können, demnach einem Geschäftsunternehmen angehören, z. B. SCC Events GmbH mit allem Drum und Dran. Kostet alles viel Geld, ohne Frage.

Wer sich nun, bleiben wir bei Berlin, zum Marathon anmeldet, heißt das noch lange nicht, eine Startnummer zu erhalten. Die ist (mit Ausnahmen für SCC- und Jubilee-Mitglieder) nur über rechtzeitige Anmeldung oder über eine Verlosung erhältlich. Wird dir eine Startnummer zugeteilt, dann ist der Griff ins Portemonnaie unerlässlich. In diesem Jahr waren es 209 € mit steigender Tendenz. Dabei ist Berlin sogar noch Schlusslicht in der Gebührenscala. Für New York sollen, dem Vernehmen nach, folgende über ein Reiseunternehmen zu buchende Teilnahmegebühren entstehen:

• Pauschale, nennt sich Service-Paket 29 €
• Startgebühr 595 €
• Betreuung im Ziel (dash to the Finish Line) 42 €
• SUV-Tranfer zum Hotel/Flughafen 275 €
• =941 € und das alles zzgl. Hotel und Flug extra
Das für einmal im Leben, trotzdem superteuer. Da kann man nur für Tokio sprechen: 160 US-$, aber die Hotels sind sündhaft teuer und Flüge (11.285 km) mit 15 ½ Stunden Flugzeit kommen hinzu.

Chicago Startgebühr 250 US-$ mit üblichen Nebenkosten

Boston 250 US-$ dgl. (Kurs x 0,90 = 225 €

London 225 brit. £ plus Spendenbereitschaft (Kurs x 1,20 € = 270 €)

In Berlin wurden neuerdings die ersten Nebengebühren-Erhöhungen geortet. Kleiderbeutel 5 €, Frühstückslauf 35 €. Alles in allem ist die jeweilige Marathon-Teilnahme immer ein Kostenspiel und der jeweilige Veranstalter möchte natürlich gut motivierte und freundlich gesinnte Teilnehmer*innen locken. Berlin selbstverständlich auch. Wenn wir die Rechnung einmal für hier aufmachen, so muss uns klar sein, dass Kosten, um an einem solchen Lauf teilzunehmen, nicht allein vom Taschengeld beglichen werden können. Bei ausreichendem Kontostand übernimmt das die mitgeteilte IBAN gerne. Bleibt festzustellen, Marathon ist nichts für arme Leute, weil die beim Marathon-Unternehmen beschäftigten Mitarbeiter schließlich auch leben müssen. Über die wahrscheinlich weitaus höheren Bereitstellungen für die gesamte Palette der Ausstattung, der Sicherung, der IT, des Ordnungsangebots und, und, und …hat die Marathon-Firma aufzukommen. Und nun sage mir jemand, wie das ohne Kostenerhöhungen vor sich gehen kann, wenn rundherum die Preise aus dem Ruder laufen.

Und sollte 2025 die Preisspirale keinen Halt finden, dann gerät Berlin beim Startgeld plus Nebenkosten ebenso in die Bredouille wie die Konkurrenten. Was bleibt? Ganz einfach, geht aufs Land, in kleinere Städte, die machen es noch möglich, ohne Eintrittsgeldräuber oder Taschengelddiebe zu sein.

Horst

Nachtrag:
• Wer bei über 50.000 zahlenden Läufer*innen die Multiplikationsrechnung anstellt, wird schnell feststellen, dass hier Millionensummen hin und her geschoben werden. Und noch eines: Bei all dem Geld, das Laufen nicht vergessen
• Vielleicht kommt zeitlich versetzt noch ein Bericht zum Jubiläumslauf
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Re: Hotti

Beitragvon Hotti » 07.10.2024, 16:44

Schwanengesang

Die griechische Geschichte ist voller Mythologien und daraus sind unglaublich viele Gleichnisse vollzogen worden. So ist mir das Titelwort und die Begrifflichkeit zwar immer im Hinterstübchen vorhanden gewesen, aber Anwendung auf sich selbst bezogen gab es bisher nicht. Nun aber, gar nicht mal plötzlich, kam der Einfall, der Sache auf den Grund zu gehen. Schon der Wortklang lässt die Ahnung zu, sich mit etwas Traurigem zu beschäftigen. Und in der Tat, es ist ein Abschied, ein Abgesang auf das, was einmal war. Der Sage nach hieß es, dass Schwäne kurz vor ihrem Tod in einen traurigen Gesang verfallen, der besonders schön war. Und die daraus entstandene Wortschöpfung hat sich bis heute erhalten, wenn von etwas Abschied genommen wird.
In den nüchternen Alltag versetzt heißt das trotzdem, dass Abschied auch ein bisschen wie Sterben ist, denn nichts mehr von dem Ehemals wird dann noch da sein. Lediglich das Erinnern und das Gedenken wird es solange geben, wie es Zeitzeugen gibt oder es lohnt, etwas darüber mündlich oder schriftlich zu überliefern, um es vor dem Vergessen zu bewahren. Diese Dramaturgie soll bei mir lediglich als Geschichtenerzähler-Basis herhalten.

Vor genau 42 Jahren, nämlich 1981/82, wechselte ich das Revier. Vom Radsport zum Laufen. Zwar hatte ich mich bereits vorher als „Waldläufer“ von Fall zu Fall aufgetan, doch so richtig trainingsmäßiges Laufen war das nicht. Schon ab 1964 - nahm ich an dann jährlich folgend an bestimmt 15 -16 Crossläufen am Teufelsberg teil und in Tegel lief ich regelmäßig mit Kanuten und Ruderern Sonntag vormittags bei deren Ausgleichs- und Ergänzungssport, wie das damals hieß, mit. So ganz unbedarft war ich also nicht, als ich zur Leichtathletik, zum Langstreckenlauf mutierte.

Ein Kollege war es, Willi Rieck, leider schon verstorben, der mich einlud beim Training des damaligen Post SV mitzumachen. Der Startpunkt lag im Jagen 57 im Grunewald unweit des Auerbachtunnels, nachbarlich mit dem Helios-Verein. Zwischen 12 und 14 km betrug die waldige Rundstrecke. Natürlich war ich anfangs das Schlusslicht, aber nur drei/viermal, dann war ich dran. Und als ich hörte, dass das Training 2 – 3 pro Woche dem Marathon galt, war ich Feuer und Flamme. Nein, es war keine Midlife-Crisis, sondern die pure Lust, sich im „fortgeschrittenen“ Alter (42) zu beweisen, dass noch alles geht – auch Leistung.

1982: Erst Halbmarathon, dann die 25 km de Berlin und trotzdem, die helle Aufregung, der für mich 1. Marathon in Berlin. Bei knapp über 4 Stunden mit allen Anfangsfehlern, die man machen kann, war klar, im nächsten Jahr möglichst unter Vermeidung der Fehler erneut anzutreten. So setzte sich das Jahr für Jahr fort, bis ich im vierten Jahr den ersten Marathon unter 3 Stunden lief. Das war ein Hochgefühl, das lange anhielt. Inzwischen etablierte sich der Langlauf zum Lebensgefühl und wurde zur Unabdingbarkeit. Der Spruch „Langläufer leben auch nicht länger, sterben dafür aber gesünder“ klang irgendwie immer mit. So ergab sich zwangsläufig die gehäufte Teilnahme an Lauf-Wettbewerben zwischen 10 – 42,195 km und in einem Fall sogar die Ultra-Strecke Rennsteig mit 72 km. Überwiegend war es die Freude und Lust an der Bewegung und zudem das sich immer wieder einstellende Gefühl der Zufriedenheit, wenn ein Rennen vorbei war. Mein Credo hieß oft genug: Der Marathon ist dann am Allerschönsten, wenn er vorbei ist.

Die Jahre vergingen und das eigene Land, ja, selbst Europa erschien zu klein zu Fuß bewältigt zu werden. 1986: Der erste Auftritt in Amerika. Natürlich New York. Alles noch richtig teuer und doch genau richtig, die Stadt in dieser Zeit kennengelernt zu haben. Nr.2 dort lief 1989 ab. 1988 war Boston das Ziel, allein aus der Tatsache heraus, dass ich die Sollzeit von unter 3 Stunden für die Startvoraussetzung erfüllt hatte. Ein Erlebnis besonderer Art, die anderen Orts noch mehrfach entstand. Im Laufe der Zeit kamen etliche Distanzen im Lande hinzu und auch das europäische Ausland hielt neben touristischen Anreizen genügend Angebote bezüglich Marathon bereit. Zu jedem Besuch und Lauf habe ich ausführlich berichtet, deshalb an dieser Stelle noch einmal die Aufreihung aller Destinationen, die zur Marathon-„Sammelleidenschaft“ gehörten:

40 x Berlin, 4 x Leipzig, 3 x Hamburg, 3 x Oberelbe, 3 x Wien, 3 x Fürth, Je 2 x in Bonn, am Rennstreig (davon einmal Ultra), und New York und je 1 x in Bremen, Frankfurt/Main, Prag, Budapest, Barcelona, Paris, London, Kopenhagen, Stockholm, Tromsö (Mitternachtsmarathon), Boston, Lübeck und den privaten „Annalena-Marathon“ von Potsdam nach Berlin (Dank an Erdmute Nieke, der Initiatorin des wohl schönsten Laufes von allen!! Nur mit der Ausnahme des gefühlsmäßig am stärksten bewegenden Berlin-Marathons 1990!!! ). Macht in der Addition 75. Eine schöne Zahl, ebenso wie der 50. Berlin-Marathon als Gold-Jubiläum.

Damit ist ein Kapitel abgeschlossen, das nur für einen selbst zählt, denn es gab keine Rekorde, wohl aber immerhin 8-maliges Unterbieten der 3-er Schallmauer für Hobbyläufer, mehrere Altersklassensiege in verschiedenen Städten und in Berlin 2 x Silber + 2 x Bronze. Bei den bedeutend kürzeren Läufen (HM 21,095 und 25 km) sah ich wesentlich besser aus. Bestzeit: 2:54:08 (M), dagegen 1:21:32 (HM) und 1:36:54 (25 km). Die zig Landschaftsläufe (Tollense-See, Stienitz-See, 5-Seen-Lauf Schwerin, Spreewald, Plänterwald und weitere, dazu Radolfzell am Bodensee, Neustadt/Weinstraße und etliche Läufe dort in dieser wunderschönen Pfälzer Berglandschaft (Maikammer/Kalmit) während meiner 3-jährigen beruflichen Tätigkeit im Südwesten Deutschlands (Saarland/Pfalz/Baden- Württemberg).

Die Medaillensammlung hat eigentlich keine Bedeutung mehr. Wer, außer ich selbst, kann damit etwas anfangen? Alles Blech, das später irgendwo entsorgt wird. Es war lediglich nur für einen Moment von Belang, als einem nach Zielüberquerung eine „Ehrung“ widerfuhr. Die eigene Leistung richtig einzuschätzen, war mir viel bedeutsamer. Nicht die schnellstmöglich erreichten Ergebnisse waren die wichtigen, vielmehr jene, die unter Beeinträchtigungen, ja, unter Pein und besonderen Umständen zustande kamen. Es gab tolle Läufe, auch jene, die einen glücklich machten und es gab Läufe zum Vergessen (ein Beispiel: Stockholm, 02. Juni 2012, heftiger Sturm, 4° C und Starkregen von Anfang bis Ende und eine überproportional eingetretene Ausseigerquote von 40%. Ich selbst kam halb erfroren ins Ziel, wo es keine Duschen, geschweige denn auch nur einen Kälte- oder Regen-/Wärmeschutz gab. Einzig, die bandlose, fette Medaille hatte Charakter. Sie werde ich aufheben.

Es ist wie im Leben, nicht alles geht glatt, davon können wir alle ein Lied singen. Nun ist es wahrlich keine Eloge, die von mir über meine „Marathonzeit“ bekundet wird, vielmehr ein Erlebnisbericht mit emotionalem Bezug, der nun zu seinem Ende führt. Ich habe viel zu danken für die Zeit in läuferischer Gemeinschaft in meinem Berliner Verein Pro Sport Berlin (ehemals Postsportverein) und in besonderer Weise an Bernd Hübner und seiner unvergleichlichen Lebensleistung im Laufbereich.

Er war der Ideengeber für einen Laufwettbewerb mit der Bezeichnung „Berlins schönster Landschaftslauf – Havellauf“, zurecht, es gibt keine schönere Strecke! Bis zur 25. Ausgabe führte er diese Veranstaltung, dann übergab er den Stab an den Pro Sport Berlin, der ihn noch immer von Jahr zu Jahr weiterträgt. Ich selbst war nicht ganz unbeteiligt, denn 27 Mal durfte ich den Wettbewerb am Wannseer Löwen moderieren und diese Zeit bleibt in sehr guter Erinnerung. Und schließlich das „größte Ding von Hübi“ war und ist die Installation eines Lauftreffs, den er unbescheiden mit seinem Namen schmückte: Lauftreff Bernd Hübner (Mommsenstadion). Eine Institution, die unersetzbar bleibt. Allein „das Organ“ der gegenseitigen Kommunikation „Hübis-Laufforum“, für das ich seit Jahren Kolumnen geliefert habe, ist eine Plattform, auf der der Gemeinschaftssinn beim Laufen im Vordergrund steht. Diese Art und Weise des Miteinander beim Laufsport lag von Anfang in der Absicht von Hübi, dazu noch völlig unverpflichtend, kostenlos und eben nirgendwo anders als in dieser lockeren Form zu finden. Eine längere Hommage wäre angebracht, hat aber noch Zeit.

Ihr seht, es ist ein Rückblick, denn alles hat seine Zeit, und meine Zeit als Läufer ist nunmehr im wahrsten Sinne des Wortes abgelaufen. Sport zwar weiterhin (soweit die Füße tragen), aber alles äußerst moderat und mit Ausgleichs-/Herzsport.

Ich verbleibe mit einem netten Spruch: „Das Glück ist wie ein Autobus, auf den man lange warten muss. Und kommt er dann zu allerletzt, du steigst ein und bist entsetzt, weil alles schreit: Vollbesetzt.“ Garantiert keine Lebensmaxime oder Option, denn irgendwas geht noch immer, aber bitte nicht zu Kreuze kriechen oder sich bis zum Zahnfleischbluten zu kasteien. Das Leben ist wertvoll, obendrein schön und korrespondiert mit dem Wort E m p a t h i e. Wenn diese Eigenschaft stärker ins Bewusstsein rückt, dann ist viel gerettet, und zwar nicht nur das alleinige Seelenheil.

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Re: Hotti

Beitragvon Hotti » 16.10.2024, 20:54

Wohin soll das führen?

Jeden Tag lesen wir von Superlativen was erreicht, was neu gebaut, erfunden, entwickelt und weiter stets verbessert wurde. In unserem Zeitalter hat mit der Einführung der digitalen Welt ein Quantensprung stattgefunden, der in der Weiterentwicklung offensichtlich ungebremst fortlaufen wird. Und wir gegenwärtigen Zeitgeister stehen, trotz mehrfacher erster Sendezeichen der Künstlichen Intelligenz (KI), noch immer gebannt vor den ersten wie ein Wunder auf uns wirkenden Veränderungen, nicht viel anders als vor zwei Jahrhunderten bei der ersten Dampflok oder 1903, als der erste Mensch mit einem Propellerantriebsgerät die Lüfte kreuzte.

Heute gilt es bereits als Selbstverständlichkeit, in Raketen zu steigen, mal eben in den Weltraum zu steigen, mehrere Runden, gleich eines Satelliten, im Orbit zu drehen, um dann, wie touristisch gewohnt, unbeschadet in unserer offensichtlich immer kleiner werdenden Welt zu landen. Manche fragen ja, warum die Passagiere nicht einfach dortgeblieben oder weitergeflogen sind, wo vielleicht das ersehnte Neue gefunden wird. Nichts ist unmöglich, so ein bekannter Werbespruch, der tatsächlich das ausspricht, was so viel wie Endlosigkeit der Entwicklung und inzwischen als Allgemeingut DEVELOPMENT bezeichnet wird. Ändern wird sich noch vieles, nicht nur unsere Sprache, aber das ist ein anderes Thema.

Worauf ich eigentlich hinaus wollte, liegt auf einem ganz anderen Feld, nämlich in unserem Metier Laufen. Berlin hat mit dem 50. Berlin-Marathon bereits Geschichte geschrieben. Und in all den Jahren gab es 13 jeweils begeisternde Weltrekorde sowohl bei den Männern wie auch bei den Frauen zu verzeichnen. Bestand für die Ewigkeit? Mitnichten. 2023 begann das kaum Glaubhafte in Chicago, als Kelvin Kiptum, damals 23 Jahre alt, der die 2 Stunden-Grenze in einem regulärem Rennen hauchdünn schrammte und in 2:00:35 neuer Champion wurde (leider ist er im Frühjahr 2024 bei einem Autounfall in seiner Heimat Kenia im Beisein seines Trainers tödlich verunglückt). Dieser junge Mann galt als Phönix aus der Asche und als neuer Stern. Auch hier die Frage: Vielleicht für die Ewigkeit?

Nun die Top-Meldung, erneut aus Chicago. Ruth Chepngetich heißt die junge Frau, die den bisher bestehenden Weltrekord der Frauen um fast zwei (!) Minuten auf 2:09:56 förmlich pulverisierte. Auch sie stammt aus Kenia. Berlin ist sowohl bei Männern als bei Frauen den Weltrekord los. Chicago lacht und freut sich in Fäustchen.

Für einen Normalgeeichten und nicht der Sonderklasse angehörigen Menschen sind die genannten Zeiten reine Utopie. Wer einmal mit dem Fahrrad eine Tour mit einundzwanzig Stundenkilometern Geschwindigkeit hingelegt hat, weiß, wie schnell das ist. Die für uns seit Urzeiten unfassbaren Forderungen: Weiter, Höher, Schneller, sind sie der Antrieb auf den nie endenden Wahn zum einzigartigen Erfolg, egal in welcher Disziplin – und wir reden nicht nur vom Sport?

Und überhaupt, was ist generell noch gleichbleibend mit Werten, die uns vertraut sind und vor allem wie geht es weiter mit dem Zusammenleben in aller Welt? Wer traut sich heute noch, weit vorausschauend zu planen oder gar zu investieren? Eigentlich Fragen fürs jederzeitige Dasein. Allein, im Pessimismus aufzugehen oder jeder positiven Zukunftsversion eine Absage zu erteilen, kann, trotz allem, niemand jemals ernst meinen.

Vergessen wir eines nicht, alles in Jux und Dollerei zu sehen ist ebenso wenig geeignet wie die Unart "den Kopf in den Sand zu stecken" nach dem Motto „sollen doch die Anderen, ich doch nicht“. Wo könnte es lang gehen, damit endlich wieder eine Perspektive greifbar ist? Brauchen wir eine starke Hand oder bleibt es beim ewigen „Ver-Diskutieren“, weil ja jede Meinung zählt? Ich bin ja kein Lateiner und dennoch sage ich dazu: „Oft genug bin am Ende meines Lateins.“

Der Glaube steht, es kommen wieder bessere Zeiten und wenn nicht, halten wir uns mit Kleinigkeiten aufrecht, z.B. „das Brot, das du heute kaufst, ist morgen von gestern". Wer will das bestreiten?!

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Re: Hotti

Beitragvon Hotti » 22.10.2024, 15:38

???Geht`s euch auch so???

Wenn Termine heranstehen, seien sie schön oder grässlich, dann möchten viele wunschgemäß, dass sie möglichst bald im Kalender gestrichen werden, einmal zur Freude, andererseits, weil endlich ein Ärgernis aus der Welt geschafft oder erledigt ist und der leidige Termin endlich abgehakt wird. Manches zum Vergessen, anderes sollte aufgeschrieben oder zumindest im Hinterstübchen abrufbar gespeichert sein. Früher gab es die Spickzettel-Manie. Ha, längst abgeschafft. Heute ist der Terminkalender digital. Das Handy piept dich an und bringt dich um den Schlaf, zeigt dir die Zugabfahrzeit oder mahnt die Tabletteneinnahme an. Nicht zuletzt ist jeder kulturelle Event mit QR-Code längst gespeichert oder mit Passwort hinterlegt. Wenn dann auch noch nach der Kundenkarte oder der PIN/TAN oder nach dem besonderem Code gefragt wird, über den nur du allein verfügst und - verflixt noch einmal - du ihn gerade nicht parat hast, findet die an und für sich respektable Sicherungs- und Eingabetechnik ihre Grenzen. Und gar nicht einmal selten habe ich selbst das Gefühl, mich drosselt ein Würge-Engel.

Zugegeben, mancher Weg und viel Zeit wird erspart, weil die beherrschenden Kommunikationsgeräte Computer, Laptop, Tablet und mobiles Telefon benutzt werden und Anfragen oder Aufträge erledigt werden können. Aaaaber…..kein persönlicher Kontakt, keine unmittelbare Fragen- oder Problemstellung finden statt oder werden gelöst. Der Zorn, ja, der Verriss ist umso größer, wenn bei einem Anruf der Empfänger automatisiert antwortet „Hier ist….bitte tippen Sie die jeweilige Rubrik an, die bei den Zahlen 1,2,3,4,5,6 hinterlegt sind, der nächste freie Mitarbeiter ist dann für Sie da.

Denkste. Zweistellig minutenlang wirst du auf die Dudel-Musik-Warterolle geschoben und allerspätestens nach 15 Minuten kommt der Hinweis „Bitte rufen Sie uns zu einem späteren Zeitpunkt an, unsere Geschäftszeiten lauten….“ Was ja nicht heißt, dass dir dann erneut nicht Gleiches wie vorstehend geschieht. Eine unbemerkt neue Kultur des nichtmiteinander Sprechens, Verhandelns oder Vereinbarens, ja, Unhöflichkeit, beinahe möchte ich möchte sagen, Frechheit, ist gängige Praxis. Der Automat macht alles. Seelenruhig kannst du in der Palette vieler Angebote Tage, Stunden, Sitzplätze, Spezialbehandlungen terminlich buchen. Meist zwei Monate voraus, weil sonst nichts mehr frei zu sein scheint. Eine Woche später kommt dann womöglich noch eine Absage, dass wegen Personalmangel eine Stornierung angesagt ist. Ersatztermin? Nicht in Aussicht.

Früher, ja, früher war alles viel, viel besser. Den Spruch gab es bestimmt vor einhundert Jahren auch schon. Die Rückblende bringt Erinnerung, lehrt Erfahrung und öffnet die Geschichte, mehr jedoch nicht. Leben müssen wir mit dem, was zeitgemäß ist und allen Unkenrufen zum Trotz nicht abkehrbar ist und somit Bestand hat. Für die Ewigkeit? Bestimmt nicht, denn eins, zwei drei im Sauseschritt läuft die Zeit; wir laufen mit - Wilhelm Busch. Wer kennt das Zitat nicht?

Wenn wir uns jetzt wieder dem ganz alltäglichen Tages- und Wochenablauf zuwenden, dann wird einem rückblickend bewusst, was eigentlich unbedingt geändert werden sollte, müsste – immer der Konjunktiv, also die Möglichkeitsform – stattdessen: einfach machen, und zwar alsbald. Die notwenige Konsequenz bringt es dann mit sich, dass Tatsachen geschaffen werden, die wiederum nicht allen passen. Dieser verdammte Zwang des sich irgendwie zu einigen, hat schon manche Freundschaft in die Brüche gehen lassen, weil eben keine Einigkeit erzielt wurde.

Es könnte jetzt noch zeilen- und absatzweise so weitergehen und miesepetrig gewettert werden, aber so einen Typ habt ihr nun nicht vor euch. Bei allem Zwick und Zwack gibt es ganze Berge voller Humor, freudvoller Erlebnisse und natürlich auch wichtige menschliche Begegnungen über die es zu berichten lohnt. Der durchaus schöne Herbst ist geradezu dafür geschaffen, sich blättrige und farbenfrohe Gedanken zu machen, was nun noch für dieses Jahr alles angepackt werden kann. Dazu benötigt niemand ein Horoskop oder den Kaffeesatz, sondern nur ein Quäntchen Optimismus, ebenso Lust, sich ein Ziel zu setzen. Das schafft Zufriedenheit. Weiter weiß ich auch nicht.

Horst
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Re: Hotti

Beitragvon Hotti » 29.10.2024, 17:56

Unvermeidlich Medizinisches

Lebensphasen machen alle Generationsbereiche durch. Man kann es sehen wie man will, positiv wie negativ oder auch einfach ausgeglichen. Im Grunde gilt es immer, möglichst glatt, ohne Pein und Pech, ja, insbesondere glücklich durchs Leben zu kommen. Nicht immer ist das gegeben. Darum ist es ein Segen, wenn die Jahreszeiten, die Veränderungen im Lebensverlauf und sogar das eigene Dasein in unserer immer mehr zu Turbulenzen neigendes Zeitgeschehen noch immer Aspekte abgibt, die zu froher Stimmung und weiteren Bejahung unseres Lebens beiträgt. Ohne Frage, einen Stoßdämpfer, der immer mal wieder eingebaut ist, um nicht vollends übermütig zu werden, kennt bestimmt jede(r). Denn, wer hält schon ewiges Wohlergehen aus, wenn nicht vorher bereits dicke Minuszeichen, Krisen zu bewältigen und etliches Ungemach auszuräumen waren?

Was ich damit sagen will, ist auf einen einfachen Nenner gebracht: „Nach Regen scheint die Sonne, nach Weinen wird gelacht….“ Verkitscht könnte ich sagen, stimmt schon, dennoch ein Tröster und schon besteht der Wunsch zum Mitsingen. Jedenfalls ist mir das selbst wohl unzählige Male widerfahren, zu denken, wenn doch bloß dieser Tag endlich vorbei wäre. Genau genommen stimmt das eigentlich gar nicht, denn meine Misere hat erst jetzt richtig Fahrt aufgenommen und liegt deshalb (leider) noch in der Vorschau. Kurzum, Medizinisches. „Ach, hör doch auf, haben wir ebenfalls, mach` bloß kein großes Gedöns.“

Naja, Heldentum liegt mir nicht, Verständliches, mir etwas nahezubringen, viel eher. „Es begab sich zu der Zeit“, dass der Herr Orthologe endlich einmal richtig Zeit für mich hatte, denn ich Jammerlappen harre bereits wochenlang für eine aussichtsreiche Diagnose aus, um eine unumgängliche Operation endlich durchführen zu lassen. Ein bisschen schissert ist mir schon, aber wat mutt, dat mutt. Dabei sind das nur die unteren Extremitäten, doch genau die, die für Lauffreudige unbedingt wichtig sind. Nun könnte ich ganz locker sagen, ist doch wurscht, Wettkämpfe gibt es nicht mehr, die Phase ist abgefahren, nun besinne dich und denke, es kommt wie es kommt. Hä?

Da sind wir wieder bei plus/minus. Mies ist, dass die OP gemacht werden muss, obwohl danach keine großen Sprünge zu erwarten sind, aber immerhin die sogenannte Mobilität einigermaßen wiederhergestellt sein dürfte (vorsichtig ausgedrückt: plus). Aber Geduld, Monate, so lange bis alles gerade gezogen ist, die Krücken in die Ecke gestellt werden können und hoffentlich wieder normales Schuhwerk Verwendung findet. Wie sagte der Orthopäde? Alltagsgeschäft, dreimal die Woche, deswegen können Termine ebenso Glücksache wie die Heilung („rechnen Sie drei Monate“) sein. Termin? 27.11., ja noch in diesem Jahr! Glück gehabt? Na, sicher, nächster Termin: nicht vor März 2025.

Von Beileidsbekundungen bitte ich abzusehen.

Horst

P.S. Dem Schreibverbot unterliege ich nicht
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Re: Hotti

Beitragvon Hotti » 05.11.2024, 23:53

„Lebensabschnittsentscheidung“ und was man tut, beweglich zu bleiben

Ein großes Wort, und dennoch meine ich das durchaus ernst, weil mit dieser Veränderung plötzlich etwas eintritt, das endgültig beendet ist und zugleich Freiräume auftut, die ein bisher nicht vorhandenes Zeitfenster möglich macht. Die Rede ist vom Abschied meiner bisherigen überaus sportlichen Aktivitäten. Gleich vorweg, ohne Sport war und ist meine Welt nicht vorstellbar, wobei sich der Begriff für mich selbst nur um die körperliche Mobilität drehte, die sich mit Interesse, Fitness und zugleich Freude deckte.

Soweit ich mich daran erinnern kann, muss mir der Bewegungsdrang schon in die Wiege gelegt worden sein. Es musste niemand sagen „der Junge muss an die frische Luft“, Zeit meines Lebens war und bin ich jemand, den es oft genug einfach nach draußen drängte. Merkwürdig ist nur, dass sich dagegen mein berufliches Leben größtenteils in geschlossenen Räumen abspielte. Zwei nicht zu einander passende Extreme gepaart. Irgendwie habe ich das hinbekommen.

Nun ist es eingetreten, was in allen zeitgemäßen Betrachtungen Standard ist: Alles hat ein Ende und ist gleichzeitig die Umkehrung zum Anfang, denn was früher terminlich nicht möglich war, ist heute nur noch eine Frage der Abstimmung und Vereinbarkeit. Eine neue Freiheit. Der aktive Sport, das Laufen, ist nicht mehr mit der Priorität Wettkampf verbunden. Verbleiben davon wird nur noch die Notwendigkeit, dem Körper weiterhin das abzufordern, was er leisten kann und zwar so, wie es auch Freude macht. Dem bisher im Leben innewohnenden Bewegungsdrang, gleichzeitig Reiz, etwas nur für sich getan zu haben, kann ich nicht ex und hopp entsagen. Klar, das bleibt weiterhin, weil es gar nicht anders geht.

Marathon hat also für mich definitiv sein Ende gefunden. Was nun? Gar nichts geht nicht, sagte ich schon, aber erst einmal steht nun etwas heran, was kaum spaßig, jedoch unbedingt notwendig ist. Nach langer Wartezeit habe ich endlich einen OP-Termin zum Monatsende November erhalten. Glück gehabt, der nächste wäre erst im März möglich gewesen. Da ergibt sich die Frage, haben wir zu wenig Ärzte oder gibt es einfach zu viele, die deren Hilfe dringend benötigen?

Los ging es schon einmal mit einer Anamnese, was soviel wie Erinnerung heißt, jedoch mehr in der Hinsicht, dass sich der Patient zum wiederholten Male über seine Beschwerden äußert, die dann von medizinischen Hilfen oder von einem selbst notiert und als Information an die Fach-Operateure weitergereicht werden. Des Weiteren darf der Patient bei einer ambulanten OP die notwendigen und rezeptierten Medikamente selbst besorgen und mitbringen. Einzige Ausnahme sind die Narkosemittel, die gerne als Einschlafmittel bezeichnet werden und ein sogenannter „Fußblock“, um die Schmerzen nach der OP zu senken. Wie tröstlich.

Selbstverständlich werde ich 6 Stunden vor dem Eingriff nichts gegessen haben, auch Kaugummis, Bonbons und Milchprodukte scheiden aus. Die beste Bitte war, das Rauchen 3 Stunden vorher zu unterlassen; das mir, wo ich nicht einmal weiß, wie eine Zigarette angezündet, geschweige denn gehalten wird.

Also auf denn, mit Krücken versehen, den Vorderfußentlastungsschuh (das ist so ein Plastikklumpen mit vielen Einlagen) für hinterher nicht vergessen, sämtliche Ängste beim Pförtner abgeben, Zähne zusammenbeißen und Mund weit auf (falls doch Aua), alles nicht so schlimm. In 10 – 12 Wochen (Anfang März) soll alles geheilt und vorbei sein, Krücken können zurückgegeben werden. Den Schuh kann ich mit ärztlichem Autogramm behalten. Ob ich danach wieder schmerzfrei den Grunewald besichtigen kann, ist nicht garantiert. Bin aber optimistisch.

Horst

P.S. Held sein liegt mir nicht
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