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Hotti

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Re: Hotti

Beitragvon Hotti » 05.04.2024, 12:18

Wer sucht, findet - manchmal zu viel oder auch nichts

Gerade bin ich dabei, etwas zu planen, was im Mai über die Bühne gehen soll. Ein paar Tage Tapetenwechsel sind meist dazu bestens geeignet, die eingefahrenen Denkschemen einmal wieder anders auszurichten. Da werden andere sagen: „Was willst du, hast doch gerade deine französische Ski-Woche gehabt? Nun bleib` mal schön auf dem Teppich, genieße den anstehenden Berliner Frühling, schlüpf` nach Lust und Laune zwei, drei Tage pro Woche in die Laufpantinen und lehne dich getrost auf`s Ruhekissen.“ Auch nicht schlecht, aber wer Zeit seines Lebens umtriebig gewesen ist, kann auch im Ruhestand (passt zu mir überhaupt nicht) nicht passiv werden. Demnach, es gibt immer etwas zu tun, so auch jetzt. Gerne lasse ich euch daran teilhaben.

Also, wer wie ich im goldenen Mai auf Reisen geht, muss irgendwo eine Matratze finden, um die vom kräftigen Radeln müden Beine in die Horizontale zu bringen. Und es geht nicht nur mir allein so, denn ich darf, wie stets in den zurückliegenden fünfundzwanzig Jahren meine mir angetraute Uta auf ihren Reisen begleiten. Wohin? Eine gute Frage, waren es doch überwiegend Fernreisen mit gewisser Individualität, wie auf uns zugeschnitten, weil selbst geplant und meist organisiert. Ja, ein bisschen Abenteuer steckt noch immer im alten Körper, so lange wie möglich.

Nun aber wird einiges bedeutend leichter. Kein Radebrechen in Portugiesisch, Spanisch, Französisch, Mandarin oder zuletzt Mongolisch, nicht einmal Englisch wird diesmal gebraucht. Aber eine gänzlich andere sprachliche Hürde müssen wir nehmen: Alemannisch, Württembergisch und schließlich das Bayerische im Allgäu. Warum? Ja, Herrschaftsnochamal! Vom Bodensee zum Königssee auf strammen 400 km begegnen uns genau diese sympathischen Dialekte, die man bei einiger Vorstellungskraft sogar einigermaßen verstehen kann, auch ohne vierwöchigen Intensiv-Sprachkurs.

Soweit, so gut. Das schon ewig bereitstehende Radtouren-Buch von Lindau bis ins Berchtesgadener Land ist so gut aufbereitet, dass sich die Lust auf Bevorstehendes mehr und mehr steigert. Alles ist gut beschrieben, hervorragend kartografiert und an Hinweisen und Empfehlungen wird nicht gespart. Alles ganz einfach, bis auf – eben - die Matratzensuche. Internet rauf und runter, der Kopf schwirrt bei gefühlten 10.000 Angeboten. Von der golddurchwirkten Designer-Edelmatratze bis zum löcherigen Luftpolster wird so ziemlich alles angeboten, was der nüchterne norddeutsche Radtourist eigentlich nicht braucht. Und endlich ist etwas gefunden, was preislich noch im Bereich des Sinnvollen liegt, dann kommen Aufschläge hinzu, die einem das Wasser in die Augen drücken. Und, bitteschön, Neuschwanstein, das Prunkbau-Schloss von Ludwig II. von Bayern, braucht auch ein bisschen Klein-, besser großes Geld. Die Touris bringens, 1,5 Mio. Besucher kamen letztes Jahr. Nun wir. Mit 30 € sind wir dabei.

Aber es kommt schlimmer. Beim Versuch, endlich eine finale Buchung für 12 verschiedene Lokalitäten auf der Tour vorzunehmen, gerät der normal veranlagte Tourist-Interessierte unter den Zwang des Internet-Wahns. Anders geht es wohl gar nicht mehr. Buchung nur noch digital, nicht mehr menschlich per Telefon, vielmehr kontakt- und herzlos über x-beliebige und haufenweise Webserver. Und was dabei zustande kommt, kann gelinde gesagt als Internet-Mob bezeichnet werden. Unendliche Plattformen, zwischendurch Updates, Zwischenblendungen, Verweise auf Zweit-, Dritt- usw.-Anbieter mit Fragen nach Kunden-Nr./ Passwort/ Kennwort/PIN-Code/Kundenkarte und schließlich die allgegenwärtige Frage nach der Akzeptanz aller Vorgaben vermiesen nicht nur die Lust auf ungetrübte Frei- und Ferienzeit, sondern tragen zu Verunsicherung und Misstrauen bei. Fehlt bloß noch die Frage, ob ich Punkte sammle. Da hätte ich sofort eine Gegenfrage parat: Bin ich ein Dalmatiner oder was? Und jetzt noch KI – künstliche Intelligenz, aber das ist eine andere, kommende Geschichte.

Unsere “Running-Community“ boomt, so las ich kürzlich. Instagram kann mich mal.

Horst
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Re: Hotti

Beitragvon Hotti » 05.04.2024, 12:55

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Ach, wie konnte ich nur? Badisch und Schwäbisch schwätze die Leut`ja auch noch!
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Re: Hotti

Beitragvon Hotti » 08.04.2024, 11:22

Neue Frühlings-Happen

Wer am 07. April 2024 ganz früh morgens zum Briefkasten eilte und verwundert ins gänzlich Leere guckte, muss von der vergesslichen Truppe sein. So einer bin ich offensichtlich. Lange vorher war bereits angekündigt, dass die allseits beliebte Sonntagsausgabe des Berliner Tagesspiegel just in diesen Tagen eingestellt wird. Nur noch per E-Paper können an diesem Tage die aktuellen Nachrichten abgefordert werden, ansonsten ist der Montag noch immer gut genug, Geschehnisse vom Sonnabend und Sonntag komprimiert abzudrucken. Sagt man aus der Redaktion. Dabei galt doch ehemals der Spruch „Nichts ist so alt, wie die Nachricht von gestern“ als Fleiß- und Qualitätssiegel, indem die Aktualität hohe Priorität besitzt. Nunmehr gibt es an Stelle von Papier nur noch den Griff zum Computer, um sich die „so dringend“ benötigten Daten herunterzuladen. Will ich nicht. Die wahrscheinliche Konsequenz: Morgen bin ich von gestern, wenn nicht schon von heute. Was hilft? Google reibt sich die Hände.

Mit diesem Trailer wecke ich zwar niemand aus dem Tiefschlaf, jedoch nach Erwachen zum Nachdenken, über die Art und Weise wie sich insbesondere die Informationsvermittlung stetig verändert.

Musste ich loswerden, obwohl der Sonntag in Berlin ein ganz anderes Kaliber aufzuweisen hatte: Berliner Halbmarathon. Wenn ich richtig informiert bin, dann gab es eine Rekordteilnehmerkulisse mit einer dicken 5-stelligen Zahl, nämlich knapp unter 40.000! Wäre ich dabei gewesen, hätte ich ja zählen können. Immerhin sind die heutigen Kommentare in Berliner Zeitungen durchaus positiv, was zum einen an den erneut hervorragenden Leistungen der Spitzenathlet*innen lag, aber gemessen an den Schnittwerten gilt das auch für das „Mitläufer*innen-Volk, bei denen der Halbe stets als Test für den „big run“ bei der Verdopplung der Laufstrecke gilt. Gerne wäre an dieser Stelle eine ausführliche Hymne auf die ungemein beliebte Strecke, die Atmosphäre und um das ganze Drumherum fällig gewesen. Das überlasse ich kompetenter Weise lieber der beruflich schreibenden Kunst oder hier im Forum den dabei gewesenen. Bestimmt gibt es einige, die den Griffel schon bereithalten.

Auf denn, die Läuferschar beim Lauftreff möchten sich bestätigt fühlen, denn mit der starken Frühlings- beinahe Sommerwett(er)kampfleistungsanforderung hatte niemand gerechnet. Den Siegern und Siegerinnen aus Kenia und Äthiopien und auch der von dort stammenden Deutschen Melat Kejetaf aus Kassel (Bronze-Platz!) wird das nicht viel ausgemacht haben, weil sie bestimmt ganz andere Verhältnisse gewohnt sind, wobei die Zeit bei den Männern mit 59:30 schon äußerst beeindruckend ist. Eigentlich nicht vorstellbar, aber möglich, Marathon unter 2 Stunden bei regulären Bedingungen. Vielleicht erleben wir das noch. Kelvin Kiptum, der junge Kenianer, der dramatisch bei einem Autounfall im Vorjahr ums Leben kam, war mit 2:00:35 in Chicago nah dran. Die Bestätigung mancher Weissagungen, dass er die 2 Stunden in Berlin geknackt haben könnte, wäre der Wunschtraum gewesen. Etwas für die Ewigkeit.

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Re: Hotti

Beitragvon Hotti » 12.04.2024, 10:11

Steine sammeln

Es gibt so Sachen, die als reinster „Fimmel“ bezeichnet werden. Man könnte anstelle dieses Wortes natürlich auch andere Bezeichnungen finden, wie beispielsweise „Spleen“, Marotte oder rein Berlinisch hast wohl `ne Macke?! Wer ist schon frei davon? Andererseits gehören bestimmte Eigenarten zu Personen, die ohne eben diese nicht den Charakter besitzen würden, den sie verkörpern. Darum sei es allen zugestanden, sich Besonderheiten zuzulegen, die prägend fürs ganze Leben sein können. Natürlich ist das nicht verpflichtend, das wäre ja absurd. Ein Volk lauter Individualist*innen: ein Graus.

Einigen wir uns auf eine Leidenschaft, die bestimmt jede(r) aus unendlichen Vorzeiten der Jäger- und Sammlerperiode noch heute in sich trägt. Abgesehen von der Nahrungssuche, der Vorratshaltung und dem Konsum der lebenswichtig notwendigen Verpflegung, braucht der heutige, vielbeschäftigte und interessierte Mensch immer noch etwas, das sein Dasein mit Besonderheit erfüllt. Dazu gehören das Sammeln, Bewahren, Erinnern und schließlich Pflegen aller Dinge, die ihm wichtig erscheinen. Dabei sind längst nicht mehr unbedingt lebenswichtige Utensilien Bestandteile, die Haus, Wohnung, Keller oder Abstellräume, ja, Wände, Schränke und Regale füllen. Allein jetzt eine Bestandsaufnahme zu starten, würde ins Uferlose führen.

Selig dürfen noch diejenigen sein, die noch vor der Gründung einer eigenen Behausung stehen. Ist der Beschluss zur eigenen Haus- oder Wohnungstür gefasst, erwachen die Ur-Gene des Beschaffens. Unversehens, sagen wir über den Eingewöhnungsfaktor hinaus, macht sich eine Erwerbs- und Kauflust bemerkbar. Dieses und jenes, und wenn alles parat ist, dann kommen noch die eigentlich gar nicht geplanten, aber doch als Bereicherung empfundenen Gegenstände dazu, die sich mehren. Ganze Bücherregale, von Küchenschrankfüllungen und dem Haushaltsgeräte-Inventar reden wir erst gar nicht, über Kleiderboxen, den nicht mehr wegzudenkenden IT-Bestand inklusive TV und sonstiger Beschallung und schließlich die meist am Ende der Kette stehende Kulturbereicherung durch Musikinstrumente und - bei mir niemals vergessen – Bildende Kunst. Und was am Ende steht, kann beträchtlich, ja, wichtig zum Lebensinhalt beitragen.

Jetzt können sich alle auf sich bezogen ihren Reim auf das Beschriebene machen. Dabei gibt es beiläufig so banale Dinge, die normalerweise überhaupt nicht der Erwähnung bedürften, wenn nicht doch etwas passiert wäre. Es war so: Hochsommer im April (28° C am 09. - genau gesagt). Luftig bekleidet und das sportliche Laufschuhwerk ebenfalls bewusst nach Leichtigkeit ausgesucht, ging‘s per Laufschritt ins Gehölz und ab und zu auf wenig, aber doch bekieselten Wegen auf die Dienstagsvormittags-Tour.

Es muss die Witterung gewesen sein, die fast alle Läuferinnen und Läufer verführte, auf die im Allgemeinen geländegängige Fußbekleidung zu verzichten. Ich für meinen Teil hatte jedenfalls meine leichten Treter mit den zig luftigen Quer- und Längsrillen in der Sohle an. Das lief sich großartig - die ersten zwei, drei km. Dann kam schnell die Erkenntnis, dass irgendetwas nicht stimmt. Die Füße wurden schwer. Der flotte Schritt flachte ab. Es waren nicht die diesmal 95 Höhenmeter, die normalerweise als Bergaufbremse bekannt sind. Vielmehr das gefühlte 2 kg Mehrgewicht an den Beinen. Und die Ursache? Ha, Klamotten, ja, richtige Felssteine (wer es glaubt) hatten sich in die Ritzen der Laufschuhe gequetscht. Die nun einfach per Hand rauszupulen, ist keine feine Art. Still „leidend“ überstand ich die restliche Länge der inzwischen auf 11-14 km angewachsenen, meist sehr unterschiedlichen Dienstagsrunde für Leute, die nicht mehr zu den Leistungsträgern früherer Zeiten zählen, aber immerhin dem Laufsport treu ergeben sind. Wie und in welcher Form, spielt eigentlich keine Rolle.

Fazit: Steine sammeln in der beschriebenen Art eignet sich weder als Kunstform, noch ist es hilfreich und förderlich bei der Fortbewegungsart auf zwei Beinen.

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Re: Hotti

Beitragvon Hotti » 15.04.2024, 09:29

Schon einmal gehört: „Stadteingang West“?

Zeitungsleser wissen mehr, hieß es früher einmal. Zeiten wandeln sich und so haben sich die Informationsquellen merklich stark verändert. Menschen, die noch heute - bewusst - auf das Handy oder auf den Computer verzichten, werden bereits als Steinzeitfossile abgetan. Gnadenlos vernachlässigt würden eben diese gänzlich abgekoppelt bis ans Ende ihrer Tage neben den aufgeschlossenen und mit allen Dingen des digitalen Zeitalters vertrauten Mitbürgern dahinleben, wenn es nicht noch immer die meist täglich erscheinenden Tageszeitungen geben würde. So wissen wir dankenswerterweise heute recht allumfassend, was sich bezüglich des sich in rasantem Tempo entwickelnden Geschehens in Berlin verändern wird.

Nur ein markantes Beispiel, das zum Aufmerken Anlass gibt: „Brache wird Bauland“, so hieß es kürzlich in der Berliner Zeitung. Am AVUS-Verteiler-Kreuz wird ein neues Stadtviertel entstehen, auch „Quartier“ genannt. Die Planung ist im vollen Gange. Und wie soll sie aussehen? Gemach! Noch haben wir - in den gängigen Stadtplan geschaut - rund um das bekannte Kreuz und längs der Autobahn und der S- und Fernbahnstrecken Richtung Potsdam bzw. Westkreuz ein seit Jahrzehnten im Dornröschenschlaf liegendes Areal, das sich auf dem ehemaligen Güter- und Verschiebebahnhof Grunewald befindet. Nur wer sich gut auskennt, kann sich davon überzeugen, wie das ehemals vielseitig genutzte Gelände sich fortschreitend renaturisierte und zu einem Refugium wandelte, das naturbeflissen zugetanen Menschen bis heute Freudentränen in die Augen schießen lässt. Nur die Festschreibung, von wegen Landschaftsschutzgebiet wie beim geliebten Grunewald selbst, blieb aus. Also wird etwas kommen, was zur weiteren Verstädterung, zum Verlust der Frischluftzonen und zumeist völligem Rückgang der angesiedelten Kleintierarten führen wird.

Na klar, Wohn- und Geschäftsraum wird gebraucht, von Mischnutzung wird gesprochen. Also auch Schulen, Kindergärten, aber das Baum-, Lauben- und Reitgelände samt Ställen und Halle kommt weg. So ist das. Die Stadtplanung ist bereits auf dem Vormarsch mit bis zu 2.300 Wohnungen und nahe dem Westkreuz ist von 50- bis 80-Meter hohen Häusern die Rede. Das alles erhält den schönen Planungstitel Stadteingang West.
Was uns als Läufer*innen betrifft, bedeutet der künftige Wegfall einer ungewöhnlichen, wirklich interessanten Laufstrecke zum Halensee, Bhf. Grunewald (Gedenkstätte „Gleis 17“) und den im „Villenviertel Grunewald“ gelegenen Koenigs-, Hertha-, Diana-, Hubertus-Seen plus Hundekehlesee und Grunewaldsee in dieser Führung ein Verlust. Sicher, es gibt Ausweichmöglichkeiten, aber alle Einschränkungen bezüglich echtem Naturverlust sind meist unwiederbringlich.

Und was zu befürchten bleibt: Das Ende der Fahnenstange bezüglich Erdversiegelung durch radikale Bebauung ist noch nicht erreicht. Getrost können wir eines Tages auch mit der Aufhebung oder Nichtbeachtung des Entscheids Bürgerbefragung in Sachen „Nichtbebauung des Tempelhofer Feldes“ (ehem. Flughafen TFH) rechnen.

Man muss nicht in der Platte wohnen, um gegen derartige Baupläne zu protestieren, die letztendlich trotz aller Beteuerungen nicht darauf abzielen, die immer knapper werdende Durchlüftung der Stadtbebauung zu verhindern, sondern, genau das Gegenteil wird eintreten, wenn Hochhäuser und Parkplätze Flächen versiegeln und auch Garten- und Laubengelände nicht mehr da sind. Hausgärten, Parkanlagen und Spielplätze in ausreichender Anzahl, schließlich Grün- und Landschaftsflächen unterstützen ein Stadt-Klima, das im Zusammenhang mit der Vermeidung von Abgasen zum gesunden und umweltfreundlichen Miteinander beiträgt. Wissen wir doch alle.

Wunschdenken? Nein, Zwangsgedanken! Mal sehen, welche und wie viele Hochglanz-Broschüren weismachen
werden, wie es tatsächlich aussehen soll.

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Re: Hotti

Beitragvon Hotti » 19.04.2024, 20:56

Sport ist Mord (No Sports)

Unter Sportler*innen ist kaum ein anderer Ausspruch so bekannt wie dieser. Er stammt angeblich, wie kann es anders sein, von einem, der niemals, auch nur annähernd, mit einer der beliebtesten und unbedingt förderlichen menschlichen Tätigkeit, dem Sport, zu tun hatte, nämlich vom Ur-Premierminister von Großbritannien, Winston Churchill. Er, der Ober-Zigarrenraucher und dick beleibte politische Veteran, hatte in Zeiten des zweiten Weltkrieges von 1940 bis 1945 das Sagen für die Briten. Allerdings ist dieser Ausspruch nicht unbedingt verbrieft, so doch etliche meinen, dass dieses Zitat „auf so gut wie keiner englischen Webseite“ zu finden sei. Und so soll es sich verschrobener Weise um eine Erfindung deutscher Sport-Muffel handeln. Wer es glaubt.

Im Übrigen war Churchill, der trotz Nikotin immerhin 91 Jahre alt wurde, in jungen Jahren durchaus dem „disport“ = Zerstreuung, Vergnügen zugetan. Klar, er gehörte einer Gesellschaftsschicht an, die es sich leisten konnte. Andere dagegen hatten zu tun, um sich durch harte Arbeit durchs Leben zu bringen. Nun wissen wir, dass Sport im heutigen Sinne einen ganz anderen Stellenwert besitzt als in grauer Vorzeit. Von früheren Begriffen wie Leibesübungen oder später sogar vom Wort Leibeserziehung ist man lange schon abgerückt. Die heutigen Gedanken, dass körperliche Betätigung als allgemeine Verpflichtung dargestellt wird, kommen nicht von ungefähr. Die Erkenntnis, sich neben dem Broterwerb, sprich Lebensunterhalt, auch einer freizeitlichen Tätigkeit hinzugeben, die ein gewisses Maß an Fitness verlangt, ist geradezu ein Bedürfnis. Und wie inzwischen jedermann weiß, notwendig, von Ausnahmen wie Gegen-alles-Verweigerern mal abgesehen.

Wie vieles im Leben unterliegt jedes Handeln einer bestimmten Bewertung. Für sich selbst genommen erscheint das nicht immer wichtig. Wenige Außenstehende hingegen messen, vergleichen, setzen Ziele und sind oft dafür bekannt, Anreize zu schaffen, die eine bestimmte Leistung nicht nur fordern, sondern stets zu verbessern versuchen. Wir kennen sie als Trainer. Menschenfreunde und -versteher*innen, die in „harmlosen“ Sportarten, aber doch sehr gesunden Betätigungen aktiv sind, werden stets bemerken, dass in jedem Individuum etwas steckt, das sich nach Anerkennung einer besonderen Leistung sehnt. Wie die aussieht und welchen Stellenwert sie tatsächlich hat, ist im Grunde genommen zweitrangig. Der entscheidende Moment ist eigentlich der, mit der sich der- oder diejenige nicht nur zufrieden, sondern vielmehr glücklich fühlt. Und so bleibt es nach meiner Empfindung dabei, dass die positiven Aspekte von Sport die negativen bei Weitem übertreffen.

No Sports, wo kämen wir dahin? Etliche Berufszweige würden flach liegen, wenn sich ganze Heerscharen vom Sport abwenden würden. Hypothese, was sonst? Aber unabhängig davon, - mal ehrlich - wer von uns würde sich freiwillig dem unterziehen, sich von seiner Lieblingssportart abzuwenden? Es gibt gefühlt mindestens eintausend verschiedene Bewegungssportarten (Schach gehört wohl nicht dazu – oder doch?) und so frage ich, was ist, wenn eine(r) nicht die Freude empfindet, die vom Sport ausgeht und die durchaus wesentlicher Bestandteil des Lebensglücks sein kann? Antwort: Konvertieren, natürlich nicht den Glauben, aber etwas anderes (ver)suchen. Muss ja nicht gleich ins Extreme gehen, dann stünde meist das nächste Fiasko, möglicherweise Schlimmeres heran. Deshalb sollten Himalaya-Besteigungen, Einhand-Weltumseglungen und 140-Meter-Tieftauchen ohne Atemgerät besser den ruhmsüchtigen Profis überlassen bleiben, bei denen von vorn herein ein hohes Risiko anstelle von Adrenalin einkalkuliert ist.

Der kleine Max sagt dazu: "Läufer oder Läuferinnen bleibt bei Euren Leisten." Sind es die richtigen, wird Euch auch der Tod des Marathonläufers Pheidippides im antiken Griechenland nicht davon abhalten, es an anderer geeigneter Stelle selbst mit dem Long Jogg zu versuchen und so erfolgreich überstanden, dann hernach erneut, oft mehrmals zu wiederholen. Indes ist eine daraus zu folgernde gesunde Sucht wohl nur dem vorausgehenden Training zuzuschreiben, denn wir haben leider in unserer Neuzeit schon zu Kenntnis nehmen müssen, dass Pheidippidis nicht der Einzige war, dem es böse erging. Was mir heute sagt: „Eile mit Weile.“ Geht auch nicht mehr besser. Muss auch nicht.

Was bleibt? Sport ist und bleibt kein Kapitalverbrechen!

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Re: Hotti

Beitragvon Hotti » 23.04.2024, 22:07

Grunewaldisch…..

ist keine Sprache oder etwa doch? Zumindest kommen leise Zweifel auf, wenn jeweils dienstags ganz früh nach dem Aufstehen für 9:30 Uhr die Anreise zum Mommsenstadion im Berliner Westen Charlottenburgs heransteht. Die, die sich dort treffen, bekommen bereits seit Auslauf des vergangenen Jahrhunderts (19...), wenn solange dabei, auch heute noch unverändert ein Vorhaben angeboten, das eindeutig grunewaldisch orientiert ist. Wer als Läufer*in am Mommsen startet, wird nur in Ausnahmefällen eine Stadtroute im Kopf haben. Vielmehr steht fast allen der Sinn nach Beschaulichkeit und Ruhe, vor allem nach frischer, abgasfreier Luft, was eben das Wäldle etwas abseits der Großstadt tatsächlich bietet. Sportlich gesehen gibt es unendliche Möglichkeiten dieses wunderbare Stück Natur zu vereinnahmen. Wir, die Bescheidenen, treten in dieses Refugium mit sanft gepolsterten Schuhen ein und bewegen uns naturverbunden auf vorhandenen Wegen oder - meist interessant - auch auf Wildwechseln, die durch jahrzehntelange Gewohnheitsnutzung von Läufer*innen inzwischen von dem nur noch spärlich vorhandenen Waldvieh abgetrotzt wurden.

Das ist grunewaldisch, weil nur hier ein so tolles Gemeinschaftsgefühl entstehen konnte. Die Gemengelage ist nicht kompliziert. Heute zum Beispiel: Bestimmt zwanzig Leute, alle wollten dasselbe, Laufen, wie immer. Im Laufe der Jahre hat sich jedoch etliches, trotz bleibender Homogenität, geändert. Nicht unbedingt die Bedingungen. Der Wald ist seit ewig da, aber der Wechsel in den eigenen Befindlichkeiten spielt altersgemäß unverkennbar eine bedeutende Rolle. Ich sag`s mal so: Je mehr Leute zur Gruppe stoßen, umso schlimmer steigt der Altersspiegel. Die heutigen 20 werden in diesem Jahr alle ein Jahr älter, also 20 Jahre auf einen Hieb. Ist das nicht furchtbar? Ha, könnte jemand sagen, bei mir doch nicht. So? Fragen wir doch einmal in fünf oder gar in zehn Jahren nach, wenn sich bis dahin nicht das vorhandene Feld (mich eingeschlossen) gelichtet hat.

Lassen wir es mal dabei, alles hat seine Zeit. Und sie zu nutzen, bleibt allen allein überlassen, wobei in der beschriebenen grundwaldischen Freizeitgestaltung mit Sicherheit ein Pfund liegen dürfte. Wenn ich jetzt in lobpreisender Weise so weiterrede, dann muss zumindest einmal das heutige Profil sichtbar werden, nach dem Motto „Wie war`s denn?“. Klare Antwort: Knackig, ein bisschen zu kalt, aber die Sonne bemühte sich. Zu siebt waren wir auf der Pirsch, natürlich ohne Pfeil und Bogen, aber mit schnellem Schritt auf Pfaden, die nicht alltäglich sind. Es gibt immer noch ganz wenig belaufene Areale und gerade die sind es, die mehr Aufmerksamkeit erregen, als ewig gleiche Strecken.

Gerade jetzt im voll erwachten Frühling ist es besonders reizvoll, sich an der Frische des Grüns zu erfreuen und bekannte Wege sehen plötzlich ganz anders aus, als noch herbst- und winterlich im Kopf befindlich. Wenn sich dazu einige Passagen mit 60 - 70 Höhenmetern ergeben, umso besser. Wer hoch läuft, darf auch wieder runter, nur als Trost. Wir, die Walker (und zugegeben, manchmal - bergab – ein verhaltener Trab), hatten es gut drauf. Im Spitzentempo lagen wir unter 9 Min./km, allerdings wurde der Schnitt durch eingelegte Besichtigungsstopps dann wieder zerlegt. Das machte gar nichts. Schließlich kamen im Endergebnis immerhin 12,4 km zusammen, die nicht im Schweiße erzielt wurden.

Ganz duschfrei wäre allerdings ein Frevel gewesen, denn, warum ist Laufen, egal, ob Wettkampf oder Training, so besonders reizvoll? Weil man hinterher unters prickelnde Wasser darf. Selbst die Schnellrenner*innen werden das bestätigen. Das festzustellen, musste ich mich nicht ins Grunewaldische zurückbeamen.

Horst

UnsereTour: Foto kommt noch
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Re: Hotti

Beitragvon Hotti » 24.04.2024, 08:46

Bild


Die Streckenführung sieht auf den ersten Blick harmlos und normal aus. Bei Vergrößerung, wenn das geht, werden allerdings die Ecken und Kanten der gewählten Zufallstour (immer auf`s Geradewohl) sichtbar, natürlich nicht, wenn es durch Unterholz oder über bergige Höhen ging.

Und wer es nicht glaubt, bei geschärftem Blick ist doch eine seltene Schwanzmeise vor meiner Grunewald-Anrainer-Haustür-Eiche bis ins Handy geflutscht+
Schwups, da war sie schon weg.

Noch einmal von Horst
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Re: Hotti

Beitragvon Hotti » 12.05.2024, 21:51

Die etwas andere Bewegung

Fast alle Lauffreund*innen schwören darauf, dass nur unser gemeinsamer Sport das Nonplusultra schlechthin ist, weil es – möglicherweise - nichts Besseres gibt, um sich einigermaßen in Form zu halten, körperliche Herausforderungen anzunehmen und schließlich damit das unausweichliche Nachlassen der Kräfte solange wie möglich abzulehnen. Gewiss doch, man muss nur fest daran glauben, dann tritt der positive Effekt schneller ein als geglaubt. Jedenfalls ist nur auf dem Stuhl oder mit einem Kissen vorm Bauch auf dem Sofa sitzen und vielleicht noch mit der TV-Fernbedienung von Anfang bis Ende durchzappen, die allerletzte Alternative oder besser, es ist gar keine.

Alternative, ein schönes Wort, entweder/oder, kein Vielfach, höchstes die Ablehnung. Also ans Eingemachte. Ihr wisst, abgemeldet hatte ich mich, weil ich seit zig Jahren Uta auf ihren Urlaubreisen, die oft genug von mir geplant wurden, begleiten durfte. Diesmal jedoch war es allein sie, die den Joker ausspielte. Eine Reise, die seit längerer Zeit in unseren Überlegungen eine Rolle spielte. Kurzum, die Zeit war reif: Bodensee – Königssee-Radtour. E-Bike? Von wegen, Old fashioned könnte ich jetzt sagen, selbst getreten ist selbst erlebt. Das stimmt nun wirklich. Wer diese um knapp 500 km liegende außerordentlich anspruchsvolle Radl-Strecke als Wadl-Training ernst nimmt, kommt nicht umhin, jeweils tagesbezogen ausgeschlafen zu sein, für ein gutes Frühstück gesorgt zu haben und schließlich den Bewegungsapparat, der zum Überwinden von unzähligen Anstiegen und rasanten Abfahrten unbedingt erforderlich ist, perfekt gewartet zu haben. Räder, Bremsen, Schaltung, Sattel, Kette dazu.

Was noch? Ei, ja, Wetter. Nicht zum Aussuchen. Zweckmäßige Kleidung, Regenschutz, Sturzhelm, Werkzeug, Luftpumpe und - unverzichtbar – Flickzeug (obwohl, nicht gebraucht). Start in Lindau am Bodensee mit dick gefüllten Satteltaschen und einer Lenker-Box für den Kleinkram einschließlich Pausenbrot. Es ist zwar keine Tour de France, aber bis zu 16%-Steigungen verhießen schon am ersten Tag, voll in die Pedale zu gehen. Zugegeben, nicht jedes starke Ding haben wir ohne Kapitulation hinbekommen. Bis auf E-Biker oder reine Radrenner ohne Gepäck, hatten wir so gut wie keine Konkurrenten. Und wenn, dann waren die hinter uns. Nun geht es hier ja um nichts, vielmehr um das Landschaftliche und Kulturelle, das - so muss ich wirklich sagen- den absoluten Spitzenplatz in der Bewertung verdient.

Insofern ist der Radfern- „Wander“ weg wohl einer der schönsten in deutschen Landen. Wer zwischen 60 – max. 80 km pro Tag leisten kann, kommt in gut einer Woche an. Die touristischen Highligths zu verschmähen wäre allerdings eine Todsünde. Selbst Kultur-Muffel oder gar Banausen hätten hier kein Mitleid verdient. An dieser Stelle erspare ich mir, auf alle Höhepunkte einzugehen, das hieße dann etliche Seiten füllen und das erscheint mir deplatziert.
Nur ein paar Stichworte, sozusagen eine Art ungefährer Fahrplan zum Nachvollziehen mit dem Finger auf der Landkarte, meinetwegen auch mit Googeln: Lindau – Oberstaufen – Nesselwang – Füssen (Neuschwanstein + Hohenschwangau unbedingt) - Kochelsee - Bad Tölz - Gmund/Tegernsee – Schliersee – Traunstein – Bad Reichenhall (Vorsicht: zwischen Bayrisch-Gmain (D) und Großgmain (Austria) liegen nur wenige Meter oder besser gar keine) – und schließlich Berchtesgaden mit dem Traum aller Chinesen und Japaner: dem Königssee. Übrigens auch unser mit dem Watzmann dazu. Puuh…

Und nun zurück nach Lindau, wo das Auto steht. Aah, die Bahn machts!? Nicht so ohne Weiteres. Nur einmal pro Tag mit zweimal umsteigen, aber bitte pünktlich um 6:11 Uhr auf dem Bahnsteig sein. Kann auch sein, dass die Züge gar nicht fahren oder erst zwei Stunden später. Auskünfte? I wo, nicht mal elektronisch. Egal, wir sind pünktlich da und hach, Überraschung, ein Regio nimmt uns auf, na klar, die DB will unser Bestes, nicht mal in bar. Karte reicht und ab bis Freilassing. Engel heißen hier Zugbegleiterinnen, die das möglich machen. Anschluss München nach zwei Stunden. Dort von Gleis 12 zum Gleis 28, tatsächlich Ziel Lindau nach 8 Stunden erreicht.

Meckern. Aber wo denn und warum? Wir sind dort angekommen, wo alles begann und….es war eh schee! Das ist alles was ich zu sagen habe. Nur noch das: Urlaub? Wer braucht so etwas? Sucht lieber das Erlebnis, das hilft viel mehr.

Horst
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Re: Hotti

Beitragvon Hotti » 13.05.2024, 14:51

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Königssee

Ja, ja, ich weiß, es gibt so manche, die mir das wünschen. Aber keine Sorge, es gibt fasst immer ein Gegenmittel

Horst, noch unvergiftet
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