Wenn Weihnachten vorbei ist
Wie mit allen alljährlich einmal stattfindenden Festen fand auch das diesjährige Weihnachten sein unvermeidliches Ende, dabei hatte es noch gar nicht richtig angefangen. Wenn man an früher denkt, dann gab es den ersten Advent schon oft Ende November und der vierte und letzte Advent datierte so um den 18/19. Dezember. So hatte die selige Vorweihnachtszeit gute 4 – 4 ½ Wochen, ehe die eigentlichen drei wichtigen Tage anbrachen. Nicht so in diesem Jahr, schlimmer als mit dieser Verkürzung ging es wahrlich nicht, weil der ungünstigste Zusammenschluss von Advent, was ja bekanntlich für „Ankunft“ und Vorbereitung steht, mit dem tatsächlichen Geburtsdatum von Jesus Christus auf einen einzigen Tag zusammenfiel. Und wer waren die Leidtragenden? Alle, sowohl die jeweiligen Taschengeldverwalter (TGV), also du und ich, sicher genauso wie die auf Umsatz bedachten Händler und vor allem die unzähligen Anbieter von Glühwein, Rumpott oder Punsch samt der stärkenden Nebenbei-Fressalien.
Einerseits konnten die TGVinnen gar nicht so schnell hinsehen, wie die Moneten aus den Portemonnaies verschwanden, andererseits jammerten Geschäftsleute in Anbetracht der verkürzten Vorweihnachtszeit über ungenügende Einnahmen. Ja, mein Gott, wem kann es denn recht gemacht werden? Er wird mir wahrscheinlich auch keine Antwort geben können.
Lassen wir den Kommerz einfach mal beiseite und besinnen uns der wirklich abgelaufenen Szenerien, die in jedem Jahr unvermeidlich und meist sogar gewünscht sind. Um von der eigenen Person auszugehen, kann ich von mir nicht behaupten, dass ich ein Weihnachtsfeier-Onkel/Opa oder sonst in der Richtung wäre. Offensichtlich tragen aber doch die übernommenen Gene dazu bei, sich immer wieder den Traditionen zu unterwerfen, das vielleicht wichtigste und zugleich besinnlichste Fest des Jahres in unserer Glaubenswelt hinzugeben. Also ehrlich, Weihnachten ohne Adventsgesteck, Weihnachtsbaum oder Tannenschmuck, Geschenkekauf oder Basteleien ist nicht nur eigentlich, sondern unbedingt undenkbar, ja, sogar der besonders schöne Kirch-Gottesdienst ist ein dringendes Bedürfnis. Ohne all das – ach, was habe ich vergessen? Na klar, Essen und Trinken! – geht die Welt nicht unter, wissen wir.
Wenn jedoch die Kerzen am Baum brennen, festliche Musik erklingt oder das eine oder andere Lied mit angestimmt wird, dann tritt etwas ein, was schlicht als Ergriffenheit bezeichnet werden kann. Man geht in sich, weiß, dass Vollkommenes nur selten zu erreichen ist, aber vor allem tritt ein wenig Demut ein, die ewige Zweifler wahrscheinlich nicht aufbringen wollen. Gewiss, es gibt unendliche Gründe, alldem zu entsagen. Wer sich allerdings stets ins Mauseloch zurückzieht und für Gefühlsmäßiges generell nicht empfänglich ist, dem bleibt der Sinn des Lebens verborgen. Ich bin weit davon entfernt, mich als Moralapostel aufzuspielen, denn, wer macht schon keine Fehler?
Machen wir von jetzt an keine Fehler mehr? Werden wir künftig nicht mehr Weihnachten feiern, weil das Leben auf Erden nur noch mit ungünstiger Prognose zu betrachten ist? Beide Fragen mit JA zu beantworten, heißt, sich abkehren von normaler Menschlichkeit, um rigide alles zu verwerfen, was auch nur den Anschein von Unzulänglichkeit in sich trägt. Wer so weit geht, muss sich mit ständigen Konfrontationen beschäftigen und ewig und immer mit deren Bewältigung kämpfen. Es ist so viel einfacher eine Portion Toleranz mit sich herumzutragen und davon hin und wieder etwas unters Volk zu streuen.
Und wenn Weihnachten mit allem FÜR und WIDER nun (leider) vorbei ist, kann es freudigen Herzens - erneut und etwas länger - in 2024 ganz dick im Kalender angestrichen sein. Dies nur als bescheidene Bitte.
Horst