Alles muss raus
Heute ist Montag, ein ganz normaler Tag der Woche und doch der schlimmste von allen. Denkt nur zurück. Das meist schöne Wochenende, Zeit zum…., ja eigentlich für alles, wenn nicht irgendetwas dazwischen kommt. Jedoch entbehrt dieser selbst gewählte Freizeitbereich nicht einer gewissen Problematik, denn Verpflichtungen und Termine kommen unentrinnbar, stehen sie erst einmal verankert, mit rotem Marker versehen, im Kalender. Spätestens dann kann sich keiner drumherum mogeln. Ein Blick und - ich hatte Glück. Nichts da von wegen rot umrandet mit Ausrufezeichen. Was tun? Mal aufräumen, vielleicht im Garten den Frühling anlocken. Mach` etwas Vernünftiges, erledige dringende Sachen. Oh, ja, das war der edle Vorsatz. Doch bald drängte eine viel bessere Idee, blitzschnell kam die Erleuchtung und gleichzeitig die Entscheidung: Verschieben. Montag ist mit Sicherheit der wesentlich bessere und geeignetere Zeitpunkt.
Ich Nachhinein stellte ich fest, dass ich mir keine größere Freude hätte bereiten können, als ausgerechnet diesen Sonntagvormittag bei herrlichstem Winterwetter einen unprogrammierten Lauf hinzulegen. Ganz allein, nur für mich, von der Haustür aus. Dabei kenne ich so gut wie alles in meinem Kiez, aber Ihr wisst, stets bin ich auf der Suche nach noch nicht oder wenig betretenen Pfaden. Around Zehlendorf. Ich weiß, kennt nicht jeder, schon gar nicht die aus Hessenwinkel oder Schmöckwitz, wo ich unbedingt auch einmal laufen möchte. Wer lädt mich und unsere Donnerstag-Laufgruppe dahin ein? Stimmt schon, eine Weltreise, aber, wenn Abenteuer locken? Noch bin ich Süd-Süd-West-Bürger, könnte sich ändern, wenn ich den Süd-Süd-Osten besser kennen würde, man weiß ja nie was die Zukunft bringt (haha, ich alter Knacker).
Die Gegenwart bescherte mir Kleinmachnow, den Stahnsdorfer Friedhof (Südwestfriedhof der Berliner Synode) und zurück. Irre. Da muss ich noch einmal hin, es ist ein Refugium der wirklichen Ruhe, naturbelassen wie im Wald und riesengroß, 206 Hektar, wie ich hörte. Das sind mehr als zwei Millionen m², auf dem, kaum erkennbar, seit 1909 etwa 120.000 Verstorbene beerdigt wurden, u.a. auch der Berliner Milieu-Maler und Zeichner Heinrich Zille und der noch berühmtere Maler Lovis Corinth. Nach dem Mauerbau brach eine Zeit der Unerreichbarkeit ein. Das hat sich inzwischen geändert, der Friedhof, ein wahres Naturdenkmal, ist wieder in „Betrieb“. Seit Längerem wird über die im Dornröschenschlaf liegende Trasse der sogenannten Stammbahn von Zehlendorf nach Stahnsdorf diskutiert. Ob es jemals zur Reaktivierung dieser Strecke kommen wird, scheint äußerst fragwürdig.
Mein Lauf zurück brachte so manche Besinnung. Was kommt jetzt? Profaner Alltag, aber nicht am Sonntag, und, fast vergaß ich den bevorstehenden Montag. Nun ist er da, was mache ich? Es ist ein Graus, Aufräumarbeiten und wirklich alles, was überdauert, zu nichts mehr nütze ist, landet in der nicht wiederkehrenden Ablage, sprich Altpapier. Alles, nein, nicht alles, aber doch vieles musste raus. Ein ganzer Sack voll Recycling. Das gibt Luft. Verschieben hat sich gelohnt, sowohl sportlich, kulturell und zur Entlastung der hauseigenen Papierdeponie.
Horst
P. S. Der Lauf: Locker mit mehreren Halts - aber 16 km - ohne Uhr. Ich Dödel, hatte sie nicht aufgeladen.