Blau und Weiß, Rot und Weiß
Aha, denken die Neunmalklugen Berliner:innen, kennen wir doch, Haertha und die Eisernen. Demnach bleibt, was die Balltreter so tun, selbst den am Sport völlig Uninteressierten nicht unbekannt. Zwar gibt es in diesen beiden Teams keine überragenden Star-Figuren wie bei den Bayern oder bei den Ruhrpötten aus Doortmund, aber, der Ball soll rollen, während die einen im oberen Teil der Tabelle mitmischen und die anderen seit einiger Zeit fleißig darum kämpfen, dem Sog in die Zweitklassigkeit zu entgehen.
Fußball, und das von mir, wo ich doch außer der Abseitsregel so gut wie gar nichts von dem Spiel in Sachen Aufstellung, Taktik, Spielsystem, Aus- und Einwechslung, Foul oder nicht usw. verstehe. Nur so viel: „Der Ball ist rund“, sagte einst Ikone Sepp Herberger, auch „Das Runde muss ins Eckige“ (nur nicht ins eigene) wird ihm zugeschrieben. Ist doch ganz einfach.
Noch einfacher ist es, davon einfach zu lassen und sich unserer gemeinsamen Spezie zu widmen. Jeden Tag oder leicht weniger Laufen, keine Zuschauer, kein Applaus und kein Salär. Ganz privat, mit meist viel Spaß und überhaupt, der Gesundheit überwiegend zuträglich. Wir nähern uns langsam dem Geheimnis Blau/Weiß/Rot. Bevor das gelüftet wird, noch ein klein wenig Geduld.
Zunächst, Ihr wisst es, hakten wir den Do-Lauftag ab. Ja, wo laufen sie denn? Gute Frage. Woanders, nämlich Treffpunkt Clayallee Ecke Pücklerstraße, ganz in der Nähe des versteckten Brücke-Museums (mein kultureller Lieblingsort) am Bussardsteig. Wir waren zu fünft, leider, nicht nur weil es langsam wieder kälter wird. Start Richtung Platz am Wilden Eber (km 28 beim Berlin-Marathon), biegen an der Messelstraße rechts in den Grünstreifenpark ein und nehmen die Kehre zur Bernadottestraße, um am Auslauf der Clayallee nahe Roseneck in die Robert-Stolz-Anlage (ein kleiner Waldpark) und den Eichhörnchensteig weiterzulaufen.
So, ein Blick nach links, ein Blick nach rechts: Blau-Weiß e.V., genauer gesagt Tennis-Club 1899. Eine Edel-Anlage. Für nicht ganz unbetuchte Tennis-Freaks ein Muss. Nix da, Hertha.
Wir beschränken uns nicht auf die Standardgröße eines Tennisplatzes (23,77 x 10,97 Meter mit einer Auslaufzone von 6,40 m), sondern verschmähen den sonst üblichen Wassergeruch des Hundebadesees Grunewald und laufen stattdessen oberhalb. Viele kennen diesen welligen Weg, der einfach Spaß macht. Wir orientieren uns weiter zum Oberhaardter Weg und als Verlängerung Gottfried-von-Cramm-Weg (der Namensgeber, einstmals „Tennis-Baron“ – 3 x Wimbledon-Finale, 1 x US Open-Finale) und haben Eintritt in die Vereins-Arena „Steffi Graf-Stadion“ von (na, klingt`s?) LTTC Rot-Weiß e.V. – steht für Lawn (Rasen)-Tennis-Turnier-Club.
Ein bisschen riskant oder frech, denn wir laufen ungefragt auf Wegen durchs Gelände und verlassen es am Auerbach-Tunnel mit der stillen Bemerkung: „Haben uns ordentlich betragen.“ Auch hier auf diesem Areal ist die Haute Volèe des Tennis zu bestimmten Zeiten versammelt. Wir gehören nicht dazu, denn wir haben noch ein paar Kilometer zu laufen. Erst einmal weiter durch den Wald Richtung Hüttenweg, dann zum Jagdschloss Grunewald und von dort zum Dahlemer Start-Ort Pücklerstraße. So schnell kann es gehen.
Ein Diskurs in Sachen Fremdenführung mit anschließendem Erdbeer-Muffin-Kaffee-Gelage, Letzteres dank Dieters Einlage mittels seiner lobenswerten Frau Gemahlin Gabriele. Dass wir nur 10,3 km auf der Digital-Uhr angezeigt bekamen, muss wohl am Drang zum Kaffee gelegen haben, denn es wären noch ein paar tausend Meter möglich gewesen. Doch wer vordem so viel von Blau und Rot serviert bekam, war erlebnisreich abgefüllt.
Horst