Die Reportagen von Hajo Seppelt über Dopingmissbrauch sorgen seit Jahren weltweit für Aufsehen. Vor kurzem wurde ihm das Einreisevisum zur Fußball-WM in Russland entzogen und erst nach politischem Druck wieder erteilt. Für seine Arbeit wird dem 55-jährigen Berliner an diesem Donnerstag der Bundesverdienstorden verliehen. Nikolaus Hillmann hat mit Hajo Seppelt über Sport, Leidenschaft und den Glauben an Gerechtigkeit gesprochen.
Sport faszinierte ihn schon immer - im alten West-Berlin war er als Jugendlicher glühender Hertha-Fan und selbst aktiver Schwimmer. Irgendwann imitierte er Sportreporter, etwa Wolfgang Mönch vom Sender Freies Berlin (SFB) und vorher beim RIAS - "das fand ich ganz toll, das wollte ich auch machen". In der HÖR ZU habe er damals eine Anzeige gesehen, dass der RIAS für eine Jugendsportsendung jugendliche Reporter suchte. Mit seinem Cassettenreporter imitierte er eine Sportsendung aus dem Olympiastadion, schickte sie ein - und wurde so Nachwuchs-Sportreporter beim RIAS.
Nach einem abgebrochenen Lehramtstudium fing er 1985 beim SFB an: "Ich hatte Spaß daran, vor einem Mikrofon zu sitzen und bei Sportveranstaltungen dabei zu sein, wobei das Sujet Sport mich am Ende gar nicht so interessiert hat. Ich fand einfach nur den Beruf des Journalisten total spannend. Ich war neugierig und ich kam rum durch den Job. (...) Ich muss aber auch sagen: Ich geriet dann immer mehr in Konflikt. Weil ich gemerkt habe: Das was wir da machen im Sportjournalismus, ist häufig oberflächlich. Wir gehen nicht in die Tiefe, wir schauen nicht nach, wir hinterfragen viel zu wenig."
Kritik an der ARD führte zum Wechsel
Um das Jahr 2005/2006 mündeten diese Zweifel immer öfter in Konflikte mit Kolleginnen und Kollegen. "Da hab ich dann gesagt: Das kann ich nicht mehr verantworten. Dann habe ich mich auch beschwert. Diese Beschwerde ist öffentlich geworden."
Damals wurde eine E-Mail öffentlich, in der er massiv die Arbeit der ARD kritisiert hatte. "Dann hat die ARD gesagt: Den wollen wir jetzt nicht mehr haben. Und schon war ich nicht mehr Kommentator. So fing das zweite Kapitel in meinem Berufsleben an."
Die Situation ist nicht schlimmer - nur transparenter
Seppelt weiter: "Was wir tun ist, das Geschäftsmodell des kommerzialisierten Spitzensports in Frage zu stellen. Wir gucken nach, was in diesem Business hinter den Kulissen so alles passiert. Und das möchten natürlich diejenigen, die da Protagonisten sind, nicht unbedingt.
Deswegen sage ich immer: Die Situation ist heute im Sport nicht schlimmer als früher. Sondern sie ist eigentlich sogar ein bisschen besser. Nur ist es heute transparenter. Was für den Zuschauer, Leser und Hörer den Eindruck vermittelt, naja: es muss ja schlimmer sein als früher. Ist es aber gar nicht. Früher ist nur nichts ans Tageslicht gekommen. Das ist heute ein bisschen anders."
Der Kreis schließt sich
Seine Arbeit hat ihm nun den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland eingebracht. Den bekam 1990 schon sein Vater Alfred Seppelt, seines Zeichens Unternehmer und bekannter Funktionär des Berliner Schachverbandes. Dass ihm selbst nun fast 30 Jahre später diese Ehre zuteil wird, bedeute Seppelt junior sehr viel:
"Ich bin zwar kein Kämpfer gegen Doping - wie manche sagen - sondern ich bin ein Begleiter des Sports mit dem Themenschwerpunkt Doping. Ich bin ein Journalist, der auf Dinge aufmerksam macht. Das bedeutet mir schon etwas."
"Für mich schließt sich da ein Kreis", sagt er: Denn als sein Vater diese Auszeichnung vom damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker verliehen bekam, wurde er selbst als junger SFB-Reporter zu genau diesem Termin geschickt. Mit seinem damaligen "Revoluzzergeist" habe er sich damals geweigert, bei der Gelegenheit einen Anzug und eine Krawatte anzuziehen: "Ich hab gesagt, ich geh da so hin wie ich immer rumlaufe. Dass ich damals über die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an meinen Vater berichtete, muss man sich mal vorstellen - das geht eigentlich überhaupt nicht, das war eine klare Interessenskollision. Aber damals war das halt so."
Sein mangelnder Respekt vor der Kleiderordnung trug ihm dann übrigens ein paar Tage später nachträglich noch einen Rüffel ein - vom damaligen SFB-Sportchef Jochen Sprentzel, vor versammelter Mannschaft in der Redaktionskonferenz: "War mir das peinlich!"
Ob er selbst, 30 Jahre später, nun einen Schlips anziehen wird? "Schlips weiß ich noch nicht, aber Anzug wird's schon sein, ja."
Stand vom 07.06.2018
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Interviewsituation. Symbolbild für die Sendereihe Vis à vis
Herzliche Glückwünsche an Hajo Seppelt.
Foto: Bernd Hübner
Foto: Bernd Hübner