Dietmar Plötz: Jeder Kilometer zählt

Dietmar Plötz: Jeder Kilometer zählt

BERLIN LÄUFT portraitiert seine Teilnehmer, Teil 5

Am Anfang kämpfte er um jeden einzelnen Meter, jetzt kann Dietmar Plötz die Kilometer, die er läuft, kaum mehr zählen. Der Anfang, das war 1999. Da erlitt der damals 59-Jährige einen Schlaganfall, war linksseitig gelähmt, konnte nicht mehr laufen und nicht mehr sprechen. Und trotzdem sagte er noch während der Rehabehandlung Anfang 2000 zu seinem behandelnden Neurologen: „Wenn ich hier herauskomme und wieder richtig laufen kann, mache ich beim Marathon mit!“

Der Weg dorthin war mühsam, aber er ging ihn mit eisernem Willen. „Ich habe bei mir im Park geübt und mich über jeden Meter mehr gefreut“, erinnert sich der gebürtige Berliner, der seit 1974 in Spandau lebt. Zuerst konnte er kaum 50 m in schnellem Trab laufen, aber Tag für Tag wurde die Strecke länger. Sieben Jahre später war es dann soweit: 2007 startete er beim Berlin-Marathon. Den brach er nach 22 km zwar ab, weil sein linker Arm schwer wurde und der linke Fuß zu kribbeln begann. Nachdem der Arzt aber nichts Schlimmes feststellen konnte, war Plötz nicht mehr zu stoppen. Bereits 2008 absolvierte er erfolgreich eine Reihe von Läufen, darunter die BIG 25 Berlin und den Marathon.

2009 kamen noch zahlreiche weitere Rennen hinzu, allerdings auch die dringende ärztliche Empfehlung, er könne ja gerne laufen, aber bitte keinen Marathon. Langweilig wurde es ihm trotzdem nicht. An 22 Läufen nahm er 2010 teil, und auch 2011 und 2012 war die Liste ähnlich lang. Dabei lief er bei den Rennen nicht nur einfach so mit, sondern steigerte seine Leistung beträchtlich. 2008 rannte er zum Beispiel die ASICS Grand 10 in knapp 1:02 Stunden, im vergangenen Jahr benötigte er dafür nur 52 Minuten. In seiner Altersklasse, der M70, erreicht er oft einen der ersten drei Plätze.

Das ist umso beeindruckender, wenn man bedenkt, dass er vor seinem Schlaganfall so gut wie gar keinen Sport betrieben hat. 47 Jahre lang hat Plötz als Ingenieur für Elektrotechnik hart gearbeitet. „Ich war in der Woche in ganz Deutschland unterwegs, da hatte ich für Sport keine Zeit“, erzählt der heute 73-Jährige. Im Urlaub mit seiner Frau zu wandern, war sein einziger sportlicher Ausgleich. Und bis zu seinem 22. Lebensjahr war er Mitglied im OSC Berlin, wo er im Mehrkampf antrat – „ohne große Ziele, mehr so aus Spaß“, sagt Plötz. Seit Anfang 2010 trainiert er in der Laufgruppe von Bernd Hübner drei- bis viermal wöchentlich und im Schnitt 60 km in der Woche.

Gesundheitlich ging es ihm dabei immer gut. „Ein paar kleine Taubheitsgefühle sind noch da, aber darüber sehe ich hinweg“, sagt er mit einem Schmunzeln. Hat er nie Angst, dass wieder etwas passieren könnte? „Nein, überhaupt nicht“, erwidert Plötz. „Ich kenne meine Grenzen und höre sofort auf, wenn ich Anzeichen von Schwäche erkenne.“ So stieg er auch beim vergangenen Berlin-Marathon bei km 35 aus. „Das war doch der Jubiläumslauf, da wollte ich unbedingt mitmachen“, gesteht er. „Aber es ging eben nicht.“ Seinen Start bei der ASICS GRAND 10 am kommenden Sonntag will er sich aber nicht nehmen lassen. „Da muss ich mich eben zurückhalten.“ Mit einer guten Platzierung in der BERLIN LÄUFT CUP-Wertung rechnet er deshalb nicht mehr – 2012 belegte er hier Rang 14. Doch zum Glück siegt letzten Endes stets die Vernunft über den sportlichen Ehrgeiz. Und so wird Dietmar Plötz auch in Zukunft viele weitere Kilometer laufen, die er kaum mehr wird zählen können.
Text: Jutta Casdorff

Lieber Dietmar!

Ich habe Hochachtung vor der Willens - und Tatkraft die Du erfolgreich umgesetzt hast.
Prima ist auch, dass Du Dich in den entscheidenen Momenten, wenn es kribbelt ,zurücknehmen kannst!
Weiterhin viel Freude am Laufsport wünscht Dir ganz herzlich

Martin

Klasse

... siegt letzten Endes stets die Vernunft über den sportlichen Ehrgeiz...