15. Havellauf am 18.07.2004
von Hübi » 25.12.2014, 12:36
15. Havellauf am 18.07.2004
15. Havellauf des PostSV Berlin drohte unterzugehen und trotzte den Unbilden dieses Sommers
Wer kennt es nicht, dieses beklemmende Gefühl der Vorhersehung, vom Wettergott gänzlich verlassen zu sein?
Und gerade dann, wenn die Vorbereitungen für ein Fest, ein Event oder vielleicht nur eine Kahnpartie zu zweit
angesagt sind, ja, dann, ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt, fällt buchstäblich alles ins Wasser. Wer denkt sich so
etwas aus? Das geht doch einfach nicht. So empfindet der unmittelbar Betroffene. Ein wunderbarer Klassik-Abend
unterm Sternenhimmel oder ein Wunderkerzen geschwängertes Rund in der Waldbühne, wenn die schmachtenden
Zuschauer zum 22. Mal Julia Roberts in „Pretty Woman“ bewundern, dürfen doch nur bei angemessener
Schönwetterlage stattfinden. Ist doch völlig klar! Das müsste auch für den Havellauf gelten. Doch,
herrschaftswetternochmal, Läuferinnen und Läufer sind nicht aus Zucker. Die können immer, egal wie.
Früh um 3 Uhr, als am 18.07. die erste Schicht zum Einsatz an die Laufstrecke Flensburger Löwe – Schloss Glienicke
– Flensburger Löwe ausrückt, gießt es aus Eimern. Land unter im Donner. Da ging gar nichts. Der Havellauf ist kein
Schwimm-, sondern ein Laufwettbewerb. Doch die Laufstrecke glich einem Mini-Seenstreifen ohne Ende. Da musste
eigentlich Verdrossenheit aufkommen. Ein Jahr intensive Vorbereitung - alles im Lot. Das Team, bestens präpariert,
jede(r) auf seinem Posten. Nu, und jetzt so etwas. Spätestens hier zeigte sich, wie gut das Team der Leichtathleten vom
Post SV eingespielt ist. Wasserpfützen kann man mit einem Besen einfach mal abdrängen, Sand drauf und schon ist
der Unterboden wieder als Geläuf erkennbar. Auf Wasser laufen soll bisher nur einer gekonnt haben. Wir wollten uns
dergleichen nicht anmaßen, blieben bodenständig und konnten nur hoffen. Und diese Hoffnung wurde bestätigt. Richtig,
ab 07.00 Uhr begann der Trocknungsprozess, zwar mit einer sehr belastenden Schwüle, die allen Teilnehmern sehr
zusetzte, doch es hatte zumindest den Anschein einer trockenen Veranstaltung, zumal es urplötzlich auch noch richtig
warm wurde.
Mehr als 800 Läuferinnen und Läufer hatten das unwahrscheinliche Glück, noch einen Startplatz zu erwischen. Die
Begeisterung für diesen etablierten Lauf mitten im Hochsommer zu Ferienzeiten ist von Jahr zu Jahr gestiegen.
Zweifelsohne ist das rührige Marketing von Bernd Hübner nicht mehr zu topen. Er ist mit Leib und Seele Havel-Hübi,
ob in der Laufszene oder im Internet. Er, der erst kürzlich als einer der wenigen Auserwählten die Olympische Flamme
für ein Teilstück durch Berlin tragen durfte, ist jederzeit zu einem Schwätzchen rund ums Laufen bereit. Laufberater
nennt er sich. Inzwischen ist er so moderat, dass er auch für andere Lebenslagen Hilfe geben kann. Hübi anrufen.
Der so Gepriesene hatte seine Helferinnen und Helfer gut im Griff. Es flutschte wieder einmal von Beginn an bis zum
unvermeidlichen Ende der Veranstaltung. „Ich finde, das haben sie wieder sehr schön gemacht“, so ein Kommentar aus
dem Wannseer Villenumfeld. Diese Bestätigung zu bekommen, tat richtig gut, denn das große Bangen vor einem
endgültigen Absaufen bei instabiler Wetterlage war nicht unbegründet. Doch, oh Glück, alles wurde richtig gut. Wie
in den Vorjahren, obwohl - es hatte diesmal den Anflug von, na, ich sag mal, von Vertrautheit, Geruhsamkeit, Routine.
Alles lief wirklich hervorragend, perfekt, aber der Kick, die wirkliche Begeisterung, blieb im Gegensatz zu den
Vorjahren ein wenig zurück. Ein kleines Signal zum Überdenken unserer Veranstaltungsphilosophie und – strategie?
Zum Rennen an sich: Punkt 09.00 knallte es zwischen den neu gepflanzten und den alten Lindenbäumen längs des
Zugangsweges unmittelbar zum Wannsee, westliche Seite. Es war der Startschuss für den Havellauf zum 15. Mal
an dieser Stelle, diesmal nicht von prominenter Hand abgefeuert, sondern vom uns stets getreuen BLV-Kampfrichter
(Kampf! – so heißt das offiziell) Klaus Karwatowski, nebenbei auch Mitglied unseres Vereins Post SV Berlin. Der
Start ist eine heikle Sache. Der Pulk bricht wie eine Lawine los und rast auf den ersten Metern davon. Die bei den
Start-Zielbereich-Betreuern aufkommenden Ängste sind verständlich. Gibt es doch eine einzige neuralgische Stelle
während des gesamten Laufes. Der Flaschenhals 25 Meter hinter der Startlinie bringt von Jahr zu Jahr einen Stau,
und da kann schon mal was passieren. Nicht gleich an Schlimmes denken, so wie bei der Tour de France, aber ein
Ausrutscher, dem Vorläufer die Schuhe ausziehen oder ein gekonnter Ellbogen-Check kommen durchaus vor. Die
Ersthelfer vom DRK hatten lediglich kleine Wundmale zu bepflastern – alles im grünen Bereich.
Die Elite war diesmal spärlich versammelt. Und auch das gehobene Mittelfeld, nämlich die unter 1-Stunde-Läufer,
sind heuer ziemlich schwach vertreten gewesen (nur 82). Die Ausrede „schwül, feucht, sehr warm, rutschige
Wegstrecke“ wird anerkannt. In diesem Vorderfeld konnte sozusagen jeder Hand verlesen einzeln im Ziel begrüßt
werden – so groß waren die Abstände. Das kann sowohl als Zeichen von Individualität als auch das eines verhinderten
Versuchs gemeinsamen Laufens gewertet werden. Erst ab Einlauf 1 Stunde 5 Minuten wurde es richtig munter,
Schlag auf Schlag. Da sahen wir endlich die gewünschten fights auf den letzten Metern, hier kam fast so etwas wie
Spannung auf, das die vorderen Ränge wegen der großen Zeitabstände völlig vermissen ließen. Dafür ein Plus: 34%
Frauenbeteiligung. Damit ist der Havellauf, prozentual, der zweitgrößte Frauenlauf Berlins.
Unter den geschilderten Umständen konnte es natürlich keine Bestzeiten bei der Spitze geben. Am Ende aber wohl:
Die Langsamste war immerhin 20 Minuten schneller, als die vorjährige Laufschnecke auf der 14 km langen Strecke.
1 Stunde 55 Minuten der diesjährig Letztplatzierten belegen 8 Min.16 Sek. je km. Also musste sie wohl manchmal
gelaufen sein. Walker brauchen 8-9 Min., Wanderer 12 Min. Jetzt fehlen nur noch die Nordic-Walker (das sind die
mit den Stöckchen) und die gesamte Fußgängerriege, mit Ausnahme der echten Geher, wäre komplett. 758 finisher,
genau wie im Vorjahr, konnten im Ziel ein tolles Runners-Point-Handtuch und eine Bauchtasche mit Aufdruck mit
nach Hause nehmen. Und die, die besonderes Glück hatten, bekamen bei der Tombola noch eins oben drauf. Jetzt sind
alle froh, es wieder einmal geschafft zu haben, Aktive und Helfer. Nach dem Lauf ist vor dem Lauf. Der hoffentlich noch
lang anhaltende Zyklus beginnt auf ein Neues wieder bei 0. Das Bangen und Hoffen stellt sich im nächsten Jahr am
17.07.2005 mit Sicherheit wieder ein.
Die Ergebnisse:
Platz 1: Lennart Sponar, BSV, 45:16 und Bianca Meyer, SCC, 55:53
Platz 2: Ralf Preibisch, SCC, 47:48 und Sylvia Jacobs, LC Ron Hill, 56:07
Platz 3: Tobias Langhoff, Nurmi Berlin, 48:04 und Ursula Brümmer, Jelly Bears, 57:56
Platz 4: Daniel Büchel, SCC, 48:19 und Dana Scholz, LC Ron Hill, 58:06
Platz 5: Peter Bobbert, LAV Tempelhof, 48:59 und Karsta Parsiegla, SCC, 58:59
Die PostSV-Teilnehmer:
Wilfried Jakisch (in der AK M 50 souverän) 50:47, Marco Musolf (mit fulminantem Endspurt) 52:14,
Günter Lewanzik 55:50, Christian Auerbach 56:28 (kann sich wirklich sehen lassen!), Waldemar Arndt 1:04:08,
Frank Blankenfeld 1:04:13, Dr. Harald Busse 1:09:48, Heinz-Peter Thiele 1:11:31, Peter Vallenthin 1:12:53,
Peter Künzel 1:14:42, Dr. Birgit Kilian 1:15:43, Michaela Joachim u. Nico Richter 1:19:56/57, Heinz Wutzke
(zum 15. Mal dabei) 1:20:29, Jyrina und Ulrich Thies 1:30:39/40, Bernd Rödel 1:37:15 und Gabi Segebart 1:41:25
Horst Matznick
Beim 15. Havellauf des PostSV kamen 756 Läufer/innen ins Ziel.